Nach dem Scheitern vor der Sommerpause nimmt die schwarz-rote Koalition diese Woche einen neuen Anlauf für die Neubesetzung von drei Richterstellen beim Bundesverfassungsgericht. Unions-Fraktionschef Jens Spahn (CDU) zeigte sich überzeugt, dass die für den Donnerstag geplante Wahl dieses Mal gelingen werde. Zunächst musste am Montagabend aber die neue SPD-Kandidatin Sigrid Emmenegger die notwendige Mehrheit für die Nominierung im Wahlausschuss des Bundestag erhalten.

„Ja, es wird klappen am Donnerstag“, sagte Spahn am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Die von der SPD aufgestellte Juristin Emmenegger sei eine „sehr gute“ Kandidatin.

Er habe zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion ein Gespräch mit Emmenegger geführt, berichtete Spahn. Die Verwaltungsrichterin sei „sehr überzeugend“ und „fachlich versiert“. „Und deswegen wird es am Donnerstag gut gelingen.“ Spahns Fraktionskollege, CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann, sprach von einem „positiven Eindruck“, den seine Fraktion von Emmenegger gewonnen habe. „Wir sind zuversichtlich, dass wir mit dieser Richterwahl das Bundesverfassungsgericht stärken.“

Der erste Versuch der schwarz-roten Koalition, die frei gewordenen Stellen beim Bundesverfassungsgericht zu besetzen, war im Juli gescheitert: Die Union hatte ihre zunächst zugesicherte Unterstützung für die von der SPD zunächst nominierte Juristin Frauke Brosius-Gersdorf zurückgezogen. Die Potsdamer Rechtsprofessorin verzichtete schließlich auf eine Kandidatur. 

Emmenegger ist aktuell noch Richterin am Bundesverwaltungsgericht. Neben ihr hatte die SPD schon im Juli die Münchner Rechtswissenschaftlerin Ann-Katrin Kaufhold als weitere Kandidatin für die drei Richterstellen nominiert; die Union unterstützt die Kandidatur von Günter Spinner, der derzeit Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht ist. Kaufhold und Spinner müssen nicht erneut durch den Wahlausschuss nominiert werden, nachdem dies bereits im Juli erfolgt war.

Der Wahlausschuss des Bundestags sollte sich am Montagabend (20.00 Uhr) mit der Nominierung Emmeneggers befassen. Nötig ist dafür eine Zweidrittelmehrheit in dem zwölfköpfigen Gremium, also mindestens acht Stimmen. Die Union kommt in dem Ausschuss auf fünf Vertreter, die AfD auf drei, die SPD auf zwei sowie Grüne und Linke auf jeweils einen. Union und SPD bräuchten also mindestens eine weitere Stimme.

Dann wäre am Donnerstag das Bundestagsplenum am Zug, wo alle drei Kandidatinnen und Kandidaten eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erhalten müssen. Union und SPD bräuchten dafür voraussichtlich neben der Unterstützung der Grünen auch Voten aus der Linksfraktion.

Diese ließ ihre Position am Montag weiter offen. „Wir haben (…) miteinander vereinbart, dass es sich bei dieser Wahl um eine Gewissensentscheidung handelt und unsere Abgeordneten jeweils für sich entscheiden, wie sie sich bei der Wahl verhalten“, erklärte Fraktionschefin Heidi Reichinnek im Anschluss an eine Fraktionssitzung am Montagnachmittag. Es sei „nicht hinnehmbar, wie die Union parteipolitisch taktiert und das Gericht zum Spielball ihrer Eitelkeiten macht“. 

Reichinnek warf der Union vor, „demokratische Mehrheiten“ im Bundestag nicht sicherzustellen, indem sie keine direkten Gespräche mit der Linkspartei führte. Die CDU verweist auf ihren Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei.

Auch von den Grünen gab es am Montag keine feste Zusage für eine Unterstützung. Parteichef Felix Banaszak lobte Emmenegger aber als „eine gute, respektable Kandidatin“. Es sei nun Sache der Regierungskoalitionen dafür zu sorgen, „dass demokratische Mehrheiten für alle drei der Kandidatinnen und Kandidaten entstehen“, sagte er in Berlin. Die „Hängepartie“, die das Verfassungsgericht bereits beschädigt habe, müsse ein Ende haben.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede sagte, ihre Partei habe mit den „demokratischen Fraktionen“ im Bundestag gesprochen. Von dort gebe es „positive Signale“.

AfD-Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla warf den anderen Fraktionen vor, die Wahl „auszukungeln“ und „die größte Oppositionsfraktion außen vor“ zu lassen. Die Richterwahl müsse „dem Parteienstreit entzogen“ und „entpolitisiert werden“.

AfD-Parlamentsgeschäftsführer Bernd Baumann kritisierte die zweite SPD-Kandidatin Kaufhold scharf und warnte wie bei Brosius-Gersdorf die Union vor einer Zustimmung. Baumann bezeichnete Kaufhold als „Aktivistin“, sie wolle zudem ein AfD-Verbot und könne sich Enteignungen vorstellen.