Durchsuchungen, Ermittlungen und ein Rückzieher. Die Affäre um die Turbo-Beförderung eines leitenden Polizisten in Schwerin schlägt weiter Wellen – und weitet sich in eine überraschen Richtung aus.

In der Affäre um die beschleunigte Beförderung eines leitenden Polizeibeamten in Schwerin gibt es überraschende Wendungen. So erklärte der betroffene Polizist nach Angaben des Innenministeriums am Mittwoch seinen Verzicht auf die Beförderung. Fast zeitgleich informierte die Staatsanwaltschaft Schwerin darüber, dass sie Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen zwei hohe Beamte eingeleitet hat – darunter auch der besagte Polizist. 

Es gehe um mögliche Vergehen bei der Beschaffung und Verteilung von Schutzausrüstungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Durch unterbliebene Abrechnungen gegenüber den Landkreisen sollen dem Land wegen Verjährung 430.000 Euro entgangen sein.

Die Vorwürfe lauten Untreue und Beihilfe zur Untreue. Mit Unterstützung von Beamten des Landeskriminalamtes Brandenburg seien Diensträume durchsucht und Unterlagen sichergestellt worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Das Innenministerium bestätigte die Durchsuchungsmaßnahmen im Ministerium selbst und auch im Landesamt für zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, Brand- und Katastrophenschutz Mecklenburg-Vorpommern. „Wir nehmen die Angelegenheit sehr ernst. Das Ministerium kooperiert uneingeschränkt mit den zuständigen Ermittlungsbehörden und unterstützt die Aufklärung des Sachverhalts“, versicherte Innenminister Christian Pegel. Es gelte weiterhin die Unschuldsvermutung. Gleichwohl werde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Das sei bei Strafverfahren der übliche Weg. Üblich sei dabei auch, dass dieses Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt werde, hieß es. 

Opposition übt Kritik 

Die Opposition im Schweriner Landtag sieht sich in ihrer Kritik am Agieren des Innenministeriums bestätigt: „Das Innenministerium versinkt im Chaos und wird zur Belastung für das ganze Land Mecklenburg-Vorpommern“, erklärte CDU-Fraktionschef Daniel Peters.

AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer legte Innenminister Christian Pegel (SPD) den Rücktritt nahe. Er sei offensichtlich nicht Herr im eigenen Haus. „Wer Verantwortung trägt, muss jetzt handeln – oder die Konsequenzen ziehen“, sagte Kramer. Der FDP-Abgeordnete René Domke forderte die Landesregierung auf, schnellstens für Aufklärung zu sorgen, um das Vertrauen der Bevölkerung in Rechtsstaat und Polizei nicht weiter zu schmälern.

Turbo-Beförderung sorgte für Aufschrei innerhalb der Polizei

Der Polizist sollte unter Umgehung der üblichen Fristen vorzeitig zum Leitenden Polizeidirektor befördert werden. Das Vorgehen des Ministeriums, das auch dessen interne Bewertung hochsetzte, hatte innerhalb der Landespolizei einen Sturm der Entrüstung entfacht. 

Auch der Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Christian Frenzel, hat sich inzwischen in den Fall eingeschaltet. Er ist zugleich Beauftragter für die Landespolizei und somit qua Amt verpflichtet, bei Hinweisen auf mögliche Mängel oder Fehlentwicklungen in der Landespolizei tätig zu werden. Er habe den Innenminister unterrichtet.

„Neben der Aufklärung des konkreten Einzelfalls geht es mir dabei auch um den öffentlich geäußerten Vertrauensverlust in sachgerechte Abläufe im Ministerium“, machte Frenzel deutlich.

Entwicklungen Thema im Innenausschuss 

Das Innenministerium hatte eingeräumt, dass ein leitender Polizeibeamter entgegen den üblichen Wartezeiten von etwa drei Jahren innerhalb deutlich kürzerer Frist zweimal befördert wurde. Zudem war die Bewertung am Erstgutachter vorbei auf „sehr gut“ hochgesetzt worden.

Weil der betroffene Beamte der SPD angehört, sieht sich das SPD-geführte Innenministerium dem Vorwurf der Vetternwirtschaft ausgesetzt, der von dort aber als unberechtigt zurückgewiesen wurde. Die Beförderung sei im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten erfolgt, hieß es. 

Am Donnerstag wird sich der Innenausschuss des Landtags in nichtöffentlicher Sitzung mit der sogenannten Turbo-Beförderung und vermutlich auch den nun eingeleiteten Ermittlungen befassen. Dazu haben die Abgeordneten Minister Pegel geladen, der Auskunft geben soll. Er hatte bereits in einer Mitteilung erklärt, persönlich nicht an der aktuell diskutierten Beförderung beteiligt gewesen zu sein.