Stars alleine zählen nicht, meint die Semperoper-Intendantin. Sie möchte Oper als Gesamtkunstwerk inszenieren und setzt lieber auf Teamgeist – und viel Kontakt zum Publikum.

Die Semperoper Dresden möchte auch in der zweiten Spielzeit unter Leitung von Nora Schmid mit spannungsgeladenen Inszenierungen punkten. Dabei stehe für sie die Oper als Gesamtkunstwerk im Mittelpunkt, sagte die Intendantin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe nicht darum, nur auf Stars zu setzen. „Wir haben auch Top-Stars auf der Bühne, wollen aber viel mehr ein großes Ganzes bieten, das Spannung erzeugt.“ 

„Die teuersten Besetzungen sind nicht automatisch die besten. Ich bin niemand, der Namen einkauft. Mir geht es immer darum, spannende Konstellationen zu schaffen“, betonte die Intendantin. Davon lebe die Arbeit in einem Opernhaus. Manche Sängerinnen und Sänger wollen gern mit bestimmten Regisseuren arbeiten und kämen auch deshalb nach Dresden.

Semperoper will nicht nur mit leichter Kost Appetit machen

Schmid hatten in ihrer Premieren-Saison an der Sächsischen Staatsoper den Musikliebhabern nicht nur einfache Kost serviert. Denn Werke wie Arrigo Boitos „Mefistofele“, „Die Liebe zu den drei Orangen“ von Sergej Prokofjew, Maurice Ravels „Das Kind und der Zauberspuk“ oder die Oper „Innocence“ von Kaija Saariaho sind nicht sehr häufig auf der Bühne zu sehen. „Innocence“ dreht sich um die Folgen eines Amoklaufes und entspricht dem Anspruch der Dresdner Intendantin, gesellschaftlich relevante Stoffe aufzugreifen.

„Unser Konzept ist aufgegangen, unser Publikum ist diesen Weg mitgegangen“, betonte Schmid mit Blick auf eine extrem gute Auslastung von 94,2 Prozent. „Das Schöne an einem Repertoire-Haus wie der Semperoper ist, dass sich so etwas einbetten lässt in ein großes Ganzes, vielen Vertrautes.“ Das Publikum in Dresden sei sehr wach und neugierig, schaue genau hin.

Publikumsoffensive an der Semperoper erfolgreich

Schmid hatte eine Art Publikumsoffensive gestartet, um Künstler und Publikum möglichst häufig in Kontakt zu bringen. Schon zur ersten Vorstellung der Spielzeit – Wagners „Fliegenden Holländer“ – lud sie nachher zum Verweilen im Foyer ein. Es gehe darum, mit dem Publikum „locker, zwanglos und wie selbstverständlich“ ins Gespräch zu kommen, sagte sie damals. Ein Jahr später sieht sie sich bestätigt.

Dennoch könne man sich auf solchen Erfolgen nicht ausruhen, müsse immer wieder nachsteuern, sagte Schmid. Dass so viele international erfolgreiche Sängerinnen und Sänger der Semperoper die Treue halten, führt sie auch auf die Atmosphäre am Haus zurück. Stars der Opernwelt wie die schwedische Sopranistin Camilla Nylund und der Bass Georg Zeppenfeld gehörten früher zum festen Ensemble der Semperoper und singen hier trotz weltweiter Auftritte immer noch regelmäßig.

Intendantin will ein Klima des respektvollen Miteinanders 

„Das ist auch eine Frage des Klimas, des respektvollen Miteinanders. Und es ist eine Frage der Aufgaben, die einem übertragen werden, und der Konstellationen. Mit wem stehe ich wann auf der Bühne? Mit wem kann ich meine eigenen Vorstellungen am besten umsetzen“, sagte Schmid. Mit der Sächsischen Staatskapelle habe man zudem eines der besten Orchester überhaupt, das immer auch „ein Ohr auf der Bühne“ habe.

Nora Schmid empfindet Dresden nicht vordergründig als „Sprungbrett“ für eine internationale Karriere. „Das ist keine schöne Bezeichnung und trifft es nicht.“ Ein Abschied aus dem Ensemble sei kein Absprung, viele blieben Dresden verbunden. „Dass man hier als junger Künstler Raum zur Entwicklung erhält, das strahlt in alle Welt aus. Christa Mayer hat mal gesagt, die Semperoper biete eine Akustik, wo eine Stimme gesund bleibt.“

Auch Richard Wagner hätte KI genutzt

Nach Ansicht von Schmid wird Künstliche Intelligenz in Verwaltungsabläufe der Oper und in bestimmtem Maße auch in Inszenierungen Einklang finden, aber die Oper als Ganzes nie ersetzen können. „Natürlich hätte auch ein Richard Wagner KI genutzt. Ein neugieriger Mensch, der aus der Fülle schöpft, probiert das aus.“ Die Faszination eines Live-Erlebnisses lasse sich mit KI aber wohl nie abbilden.