Die Selbstzerstörung der Splitterpartei Werteunion markiert das finale Scheitern von Hans-Georg Maaßen. Der frühere Verfassungsschutzchef hat es sich hart verdient.

Die Krisen und Kriege dieser Welt hatten schon immer viel mit älteren Männern zu tun, die ihre tatsächlichen oder eingebildeten Kränkungen zu kompensieren versuchen. Sie wollen implodierte Imperien wieder errichten, ihr Land vor dem angeblichen Untergang retten oder der potenteste Präsident aller Zeiten sein. Immer geht es darum, das eigene, arg fragile Ego aufzuhübschen. Alles andere ordnet sich dahinter ein.

Diese Männer sind keinesfalls zu unterschätzen. Im Gegenteil: Sie sind gefährlich. Gleichwohl wirken sie in ihrer grotesken Anmaßung zuweilen auch unfreiwillig komisch. 

Dies gilt insbesondere dann, wenn sie so ausdauernd scheitern wie Hans-Georg Maaßen, Noch-Vorsitzender der Kleinstpartei Werteunion. Er sei, sagte er diese Woche, nicht bereit, „die Beleidigungen und Beschimpfungen“ aus dem eigenen Vorstand länger hinzunehmen. Dies gelte auch für „Tötungsphantasien und Nötigungen“. 

Hans-Georg Maaßen konnte seine Entlassung nie verwinden

Der bizarre Vorgang ist die nächste und womöglich finale Wendung einer ebenso bizarren Politikerkarriere, die immer nur eine Richtung kannte: nach unten. In den knapp sieben Jahren seit seiner Entlassung als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist Maaßen zu seiner eigenen Karikatur verkommen.

Das liegt vor allem daran, dass er seine Demission nie verwinden konnte. Er, der promovierte Volljurist, der sich immer für den klügsten Mann im Raum hielt und der über das Herrschaftswissen des Inlandsgeheimdienstes verfügte, war geschasst worden von einer Kanzlerin, die er politisch und intellektuell verachtete. 

Maaßen stand kurz vor seinem 56. Geburtstag, als er im November 2018 in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Er, der weisungsgebundene Beamte, hatte sich einmal zu viel mit Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Koalitionspartner SPD angelegt.

In der liberalen Bürgergesellschaft war Maaßens Reputation ruiniert. Doch für den rechten Flügel der CDU, der er seit Jahrzehnten angehörte, wurde er zum Helden. Bald darauf trat er in den obskuren Verein „Werteunion“ ein, tourte durchs zunehmend blaue Ostdeutschland und sondierte einen geeigneten Ort für seine politische Revanche an Merkel. 

Er fand ihn in Thüringen. Dort warb er erst dafür, einen Ministerpräsidenten mithilfe von Björn Höckes AfD zu wählen und begrüßte dann die Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich. Und dort ließ er sich 2021 gegen den Widerstand der CDU-Spitze von einigen renitenten Kreisverbänden als Direktkandidat zur Bundestagswahl nominieren.

Niederlage folgte auf Niederlage

Die Niederlage war vollständig. Maaßen verlor im strukturkonservativen Thüringen ausgerechnet gegen einen Sozialdemokraten. Die neuerliche Demütigung setzte in Maaßen endgültig jene selbstgerechte Arroganz frei, mit der er schon im Verfassungsschutz agiert hatte. Und: Seine Selbstradikalisierung beschleunigte sich. 

Maaßen trat aus der CDU aus und formte aus dem „Werteunion“-Verein eine Partei, mit der er 2024 zu den Landtagswahlen antrat. In Thüringen kandidierte er sogar für das Amt des Ministerpräsidenten, ohne auf der Liste zu stehen.

Das Ergebnis für die „Werteunion“: 0,4 Prozent. In Brandenburg und Sachsen schnitt die Partei sogar noch schlechter ab. Zur Bundestagswahl im Februar trat sie nur noch in einigen wenigen Ländern an. Das Gesamtergebnis: 6736 Zweitstimmen. 0,0136 Prozent.

Dennoch machte Maaßen trotzig weiter. Er, der notorisch Scheiternde, umgab sich systematisch mit anderen Gescheiterten, mit dem früheren AfD-Chef Jörg Meuthen etwa oder der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Sylvia Pantel.

Jetzt fühlt er sich auch von ihnen entmachtet und verraten. „Mich ekeln die Menschen an, die sich so verhalten“, sagte er. Er sei nicht bereit, als „Frühstücksdirektor“ die „Schmutzeleien, die hinter meinem Rücken betrieben werden“ zu decken.

Es ist das traurige Ende keiner Ära. Mit 62 Jahren ist Hans-Georg Maaßen genau das geworden, wogegen er sich mit zunehmender Verzweiflung wehrte: eine tragikomische Figur. 

Die letzte Alternative für Maaßen wäre nur noch die AfD. Aber selbst in der extremen Partei, mit der er so gerne Deutschland regiert hätte, wartet schon lange niemand mehr auf ihn.