Eigentlich wollte die Staatsregierung im alten Strafjustizzentrum bezahlbaren Wohnraum schaffen – jetzt will sie es doch verkaufen. Das Ergebnis: offener Streit mit der Münchner Stadtspitze.

Die Verkaufspläne der Staatsregierung für das Strafjustizzentrum in der Münchner Innenstadt haben einen Streit mit der Rathausspitze ausgelöst. In einem offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordert Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) jetzt, den von Bauminister Christian Bernreiter (CSU) angekündigten Verkauf noch zu stoppen – und dort stattdessen, wie zwischenzeitlich angedacht, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Reiter: Staatsregierung soll ihrer Verantwortung nachkommen

„Es wäre ein starkes Signal, wenn der Freistaat an dieser prominenten Stelle klar zeigen würde: Wir lassen die Münchnerinnen und Münchner nicht im Stich“, schrieb Reiter in dem Brief, den die Stadtverwaltung am Mittwoch veröffentlichte. „Die Münchnerinnen und Münchner leiden seit Jahren unter einer angespannten Wohnsituation. Als Stadtgesellschaft erwarten wir von der Bayerischen Staatsregierung, dass sie ihrer Verantwortung nachkommt und im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgt.“

Genau das hatte der Freistaat zwischenzeitlich auch angedacht, sobald die Gerichte und die Staatsanwaltschaft in das neue Strafjustizzentrum umgezogen sind. Im kommenden Jahr sollen bereits die ersten Prozesse im neuen Gebäude am Leonrodplatz stattfinden. Doch Mitte August teilte das Bauministerium mit, man wolle das alte Gebäude doch verkaufen.

Unter anderem der Mieterverein München hatte diese Entscheidung scharf kritisiert – als „Schlag ins Gesicht für alle, die gehofft hatten, dass die Landesregierung aus CSU und Freien Wählern endlich erkennt, dass sie dringend eine Wende in der Wohnungspolitik einläuten muss“.

Bauminister verweist auf klamme Kassen – und andere Optionen

„Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, aber wir müssen angesichts der angespannten Haushaltslage gut überlegen, wie wir mit den vorhandenen Mitteln am besten bezahlbaren Wohnraum schaffen können“, begründete Bauminister Bernreiter die Entscheidung. Mit dem Geld könne Bayern an anderer Stelle im Ballungsraum München „deutlich einfacher und auch deutlich mehr bezahlbare Wohnungen schaffen“.

Es werde aber auch mit der Stadt darüber gesprochen, wie nach einem Verkauf im Strafjustizzentrum bezahlbarer Wohnraum von einem privaten Investor geschaffen werden könne.

Im Rathaus stößt diese Idee aber auf wenig Gegenliebe. „Ein solcher Schritt würde bedeuten, dass der Freistaat eine seiner letzten großen verfügbaren innerstädtischen Flächen aus der Hand gibt – ohne die Möglichkeit, aktiv Einfluss auf die Schaffung dringend benötigten bezahlbaren Wohnraums zu nehmen“, schreibt Oberbürgermeister Reiter.

„Ein Verkauf an den Höchstbietenden würde hingegen die Gentrifizierung und damit die Verdrängung in der Maxvorstadt sogar noch verstärken.“ Fehler aus ähnlichen Fällen in der Vergangenheit „sollten jetzt nicht wiederholt werden“. 

Neben einem Stopp der Verkaufspläne forderte Reiter den Freistaat auf, die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie zur Schaffung von bezahlbaren Wohnungen in dem markanten Gebäude zu veröffentlichen.

Bauministerium hat wenig Verständnis für offenen Brief

Das Bauministerium zeigte wenig Verständnis für Reiters öffentliche Kritik. „Wir brauchen keine offenen Briefe, sondern die Mitwirkung der Landeshauptstadt München im Rahmen ihrer Planungsverantwortung, damit an der Stelle bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann“, sagte Minister Bernreiter. 

Das gelte „unabhängig davon, wer der Bauherr ist“, teilte das Ministerium mit. Die Stadt müsse jetzt zeigen, „wie ernst es ihr ist“. Man habe die Stadt bisher in die Überlegungen eingebunden, diese Gespräche gingen weiter.