55 Sekunden reichten aus – und ein Star war geboren: Heintjes Auftritt im ZDF 1967 war der Beginn einer großen Karriere als Kinderstar. Heute wird Hein Simons 70 Jahre alt. Es droht eine Wende.

Selten war der Beginn einer Karriere so rasant wie dieser: 55 Sekunden reichten aus – und ein Star war geboren. Es war im Dezember 1967, ein 12-jähriger Junge aus den Niederlanden sang in der ZDF-Show „Der Goldene Schuß“ das Lied „Mama“ – und Millionen lagen ihm zu Füßen. 

Der kleine Junge mit der großen Stimme war Hein Simons, genannt Heintje. Und er hatte diese besondere Mischung aus Frechheit und Schmalz. Das dichte dunkle Haar, das freche Lächeln – damals hätte man Lausbub gesagt – und dazu der glockenhelle Sopran und das hohe C, das nicht nur Millionen Mutterherzen schmelzen ließ.

Mittlerweile ist Heintje längst wieder Hein Simons. Der einstige Kinderstar wird heute 70 Jahre alt. 

Das Gehör will nicht mehr

70 Jahre – er kann sich das selbst kaum vorstellen. „Klar, körperlich spüre ich das Alter“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. „Aber im Kopf fühle ich mich wie 40.“ Und dann lacht er wieder fast so lausbubenhaft wie früher. 

Bis vor Kurzem ist er noch aufgetreten, von Konzert zu Konzert gereist, hat CDs aufgenommen. Mit großem Vergnügen und ungeheurer Energie. Doch nun spielt der Körper nicht mehr mit – genauer gesagt: sein Gehör. „Wenn das nicht besser wird, dann muss ich das Singen früher an den Nagel hängen, als ich will“, sagt Simons. 

Er kann zwar hören mit Hörgeräten. „Doch die verstärken nur, mir fehlen aber die Mitteltöne.“ Und das ist für den Sänger dramatisch, wenn er auf der Bühne oder im Studio steht. Simons hofft nun auf die Technologie und künstliche Intelligenz. „Wer weiß, die Dinger werden ja immer besser.“

Doch zunächst hat er alle Konzerte abgesagt, und will erst wieder auftreten, wenn es „zu hundert Prozent geht, sonst hat es keinen Zweck“. 

„Vielleicht ist das jetzt die Kehrtwende“, sagt er. Doch er werde nicht trauern über das mögliche Ende einer langen Karriere. Das passe einfach nicht zu ihm, sagt er gelassen. „Ich nehme die Dinge, wie sie sind und mache das Beste daraus. Hilft doch nichts.“

Die Jukebox in der Kneipe

Angefangen hatte alles in der Kneipe seiner Eltern. Der Vater hatte zuvor in den Steinkohleminen Limburgs gearbeitet und musste wegen einer Staublunge aufhören. Mit der Kneipe versuchten die Eltern die Familie über Wasser zu halten. Der kleine Junge stand neben der Jukebox in der Hanni-Bar in Kerkrade – gleich an der deutschen Grenze. Immer wieder spielt er nur einen Song und singt mit: „Mama“. Die Gäste sind begeistert. 

Später gewinnt er einen Talentwettbewerb – und dann kommt der Auftritt im ZDF. Der Rest ist Geschichte. Tourneen, Millionen Schallplatten, Spielfilme. Nicht nur „Mama“, sondern auch „Ich bau‘ dir ein Schloß“ oder „Heidschi Bumbeidschi“ erobern die Charts und machen Simons zum Kinderstar. 

Aus Heintje wurde Hein

Der Stimmbruch war die Wende. Ganz Deutschland bangte damals mit Heintje, ob er je wieder singen würde. Die Stimme kam zwar zurück, aber nicht mehr das hohe C. Aus Heintje wurde wieder Hein Simons. 

Seine Fans blieben ihm jedoch treu. Er hatte weiterhin Erfolg, wenn auch nicht mehr so groß wie als Kind. Doch Tourneen führten ihn bis nach China.

„Ich habe zuletzt noch schöne CDs gemacht“, sagt er. „Ich habe eigentlich alles gesungen, was ich singen wollte.“ Vor einigen Jahren war sein Album „Heintje und ich“ in Deutschland noch ein Riesenerfolg. Auf dem singt er ein Duett mit dem jungen Heintje – die Technologie macht es möglich. 

Viel Glück gehabt

„Ich habe viel Glück gehabt“, sagt der Sänger heute. Und er schaut „mit Demut und Dankbarkeit“ zurück. Er hat das Showbusiness sehr genossen, sagt Simons an seinem Wohnort Moresnet im Osten Belgiens gleich an der deutschen Grenze bei Aachen. „Aber das Wechselspiel mit der Familie war gut für mich.“ 

Zu Hause war er nie der Superstar, sondern blieb schön auf dem Teppich. Da zeigt sich bei ihm eine gute Portion niederländische Nüchternheit – nicht umsonst heißt eine Weisheit in seiner Heimat: Sei normal, dann bist du verrückt genug. 

Er lebt noch immer mit seiner Familie auf einem Landgut mit vielen Pferden im Dreiländereck. Dort wohnen auch die beiden Söhne mit ihren Familien und nur fünf Minuten entfernt auch die Tochter. Mit ihnen wird er auch seinen 70. Geburtstag feiern – „mit Kaffee und Kuchen“, aber keine Riesenparty. Nur die Mama ist nicht mehr dabei. Sie starb vor einigen Jahren. 

Und alle wollen nur das eine 

Ende August lädt er Freunde und Fans zum großen Hoffest ein. Und dann wird er vielleicht doch wieder zum Mikrofon greifen – und den einen großen Hit singen. Denn er weiß, dass viele seiner Fans immer wieder nur das eine wollen: „Mama“. Das hat Hein Simons aber nie gestört. „Das ist doch auch wunderschön. Die wenigsten wissen, dass es ein altes italienisches Lied ist.“ Doch seit den berühmten 55 Sekunden in der TV-Show 1967 ist „Mama“ eben für immer verbunden mit den kleinen Jungen mit der großen Stimme.