Beim jüngsten Zinsentscheid war man sich in der Notenbank plötzlich uneins – und nun wird auch noch ein Vorstandsposten frei. Der US-Präsident sieht die Gelegenheit, den Fed-Chef endlich auszubooten.

Mit der Neubesetzung eines Vorstandspostens in der US-Notenbank bekommt Präsident Donald Trump die Chance, deren künftigen Kurs in seinem Sinne zu beeinflussen. Von einer Absetzung des Fed-Chefs Jerome Powell habe er bislang zwar wegen drohender Marktturbulenzen abgesehen, sagte Trump in einem Interview. Über den überraschend angekündigten Rücktritt von Vorstandsmitglied Adriana Kugler äußerte er sich vor Journalisten aber „sehr glücklich“, weil nun ein Platz im Zentralbankrat frei werde. Das Gremium legt den wichtigen Leitzins fest, der indirekt das Wirtschaftswachstum fördern kann.

Trump fordert seit langem vehement, den Zinssatz deutlich zu senken, damit auch die Kreditkosten sinken und Konsum und Investitionen angeregt werden. Wird die US-Wirtschaft damit angekurbelt, färbt dies in der Regel auch positiv auf die Zustimmungswerte des Präsidenten ab. Allerdings setzt die Fed angesichts bestehender Inflationsrisiken infolge der radikalen Zollpolitik Trumps auf eine umsichtige Geldpolitik und zögert mit Zinssenkungen.

Dissens im Zentralbankrat lässt Trump hoffen

Dass es bislang nicht zu der von ihm erhofften Zinssenkung kam, kreidet Trump Powell persönlich an. Beim jüngsten Entscheid des Zentralbankrats am Mittwoch fiel indes auf, dass – anders als zuvor – nicht mehr alle Mitglieder eine Beibehaltung des Leitzinses in der Spanne zwischen 4,25 und 4,5 Prozent befürworteten. Zwei von elf anwesenden Vertretern – Michelle Bowman und Christopher Waller – plädierten für eine Senkung. Waller wird politische Nähe zu Trump nachgesagt, und er wird neben Finanzminister Scott Bessent als möglicher Nachfolger Powells gehandelt. 

Abweichende Stimmen gibt es im Zentralbankrat nur selten. Denkbar scheint, dass beim nächsten Entscheid weitere Mitglieder unter dem Druck des US-Präsidenten auf dessen Linie einschwenken könnten. Die Gegenstimmen würden „NUR NOCH STÄRKER WERDEN“, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.

Der unerwartete Rücktritt Kuglers zum 8. August, der am Freitagnachmittag (Ortszeit) bekannt wurde, ist in dieser Hinsicht eine Chance für ihn. Denn der Präsident nominiert die – vom Senat zu bestätigenden – Vorstandsmitglieder, die wiederum den Großteil des mächtigen Zentralbankrats ausmachen. Über die Auswahl treuer Gefolgsleute kann der Chef im Weißen Haus also indirekt Einfluss nehmen. Turnusmäßig wäre Kuglers Amtszeit erst im Januar 2026 abgelaufen.

Trump: Vorstand sollte Fed-Chef Kontrolle entziehen

Den Fed-Chef Powell, den Trump seit Monaten öffentlich mit Schmähungen und Rücktrittsforderungen überzieht, bezeichnete der Republikaner erneut als „sturen DUMMKOPF“. Kugler habe gewusst, dass Powell mit Blick auf den Zinssatz das Falsche getan habe, behauptete Trump. „Er sollte ebenfalls zurücktreten!“ Zugleich forderte der Präsident, der Fed-Vorstand solle „DIE KONTROLLE ÜBERNEHMEN“, falls der Notenbankchef sich weiterhin weigern sollte, den Leitzins „deutlich“ zu senken.

Weil Trump bislang nicht das bekommt, was er verlangt, hat er mehrmals mit Powells Entlassung gedroht. Die rechtlichen Hürden für einen solchen Schritt sind allerdings hoch. Ob ein US-Präsident den Chef der Notenbank überhaupt absetzen kann, ist juristisch nicht abschließend geklärt. Powells Amtszeit endet im kommenden Mai.

„Ich würde ihn im Handumdrehen absetzen“

Auf die Frage eines Moderators des ultrakonservativen US-Senders Newsmax, warum er Powell nicht feuere, sagte Trump: „Ich würde ihn im Handumdrehen absetzen, aber sie sagen, das würde den Markt beunruhigen“. Außerdem scheide der Notenbank-Chef in einigen Monaten ohnehin aus dem Amt. Auf erneute Nachfrage, ob Powell vorerst seinen Posten behalte, gab Trump an, dass das „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ so sei. 

Nach jüngsten Angaben der Fed hat sich das Wachstum in den USA im ersten Halbjahr abgeschwächt, während die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten nach wie vor groß ist. Ersteres könnte ein Zeichen dafür sein, dass die Fed im September tatsächlich erstmals seit Dezember 2024 den Leitzins wieder senken wird.

Der Leitzins legt fest, zu welchem Satz sich Banken bei der Zentralbank Geld leihen können. Zudem fällt es Regierungen bei niedrigem Zins leichter, sich zu verschulden: Laut einer Einschätzung des Haushaltsamts des US-Kongresses wird sich das Defizit durch Trumps neues Steuergesetz innerhalb der nächsten zehn Jahre um rund 3,3 Billionen US-Dollar (etwa 2,8 Billionen Euro) erhöhen.