Die Dienste gelten offiziell nicht als Taxis, sondern als „Mietwagen mit Chauffeur“. Oft sind sie billiger – das bleibt in München wohl vorerst so. Vor dem Rathaus machen Taxifahrer ihrem Ärger Luft.

Die anvisierte Einführung von Mindestpreisen für Fahrgäste von Uber, Bolt und anderen Anbietern in München ist vorerst vom Tisch. Der Kreisverwaltungsausschuss des Stadtrats stimmte stattdessen mehrheitlich einem Antrag von SPD und CSU/Freien Wählern zu, um einzelne Vereinbarungen mit Firmen wie Uber und Bolt über Preise und Mindesthonorare auszuarbeiten. 

Diesem Änderungsantrag muss auch der Stadtrat am Mittwoch noch zustimmen, was jedoch als sicher gilt. Vor dem Rathaus versammelten sich Taxifahrer für einen lautstarken Protest.

Grundpreis von 5,42 Euro kommt vorerst nicht

Ursprünglich sollte der Ausschuss über Mindestpreise für Fahrdienst-Vermittler in München entscheiden. Die Antragsteller, die zwei Stadtratsfraktionen von Grünen/Rosa Liste sowie SPD/Volt, hatten einen „ruinösen Wettbewerb“ zwischen dem stark regulierten Taxigewerbe und Anbietern wie Uber und Bolt kritisiert. 

Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, sollte bei den Fahrdienst-Vermittlern ein Mindestentgelt eingeführt werden. Auf Fahrgäste wäre dann ein Grundpreis von 5,42 Euro und ein Kilometerpreis von 2,57 Euro zugekommen.

Frist für neues Vorhaben bis Ende Juni 2026

Mit dem Änderungsantrag wolle man die Verwaltung beauftragen, eine Vereinbarung mit den Unternehmen wie Uber und Bolt auszuarbeiten, sagte Anton Fitz, Pressesprecher der SPD-Fraktion. Neben einem Mindestpreis sollten auch ein Maximalpreis für die Fahrten sowie Mindesthonorare für die Fahrer geregelt sein. Zudem sollten die Firmen zu einer besseren Transparenz verpflichtet werden, Angaben etwa zu ihren Fahrtkosten zu veröffentlichen.

SPD-Stadträtin Lena Odell verwies im Ausschuss auf eine Frist für dieses Vorhaben bis Ende Juni 2026. „Wenn keine Vereinbarung geschlossen wird, dann wird die Vorlage, die heute vorliegt, noch mal so eingebracht und dann stimmen wir der zu.“ 

Grünen-Stadträtin Sibylle Stöhr nannte den Änderungsantrag „einen Schlag ins Gesicht fürs Taxigewerbe und für alle, die für faire Löhne und soziale Standards eintreten“. Die Vorstellung, mit Plattformbetreibern wie Uber freiwillig gerechte Löhne auszuhandeln, sei „naiv“, so Stöhr. „Wer heute nicht seine Stimme fürs Taxi ergreift, dem diktieren morgen Uber und Co. die Preise.“

Taxizentralen stellten aus Protest Telefon-Vermittlung ein

Aus Protest stellten Münchens Taxizentralen am Morgen für eine Stunde ihre telefonische Vermittlung ein. Zahlreiche Fahrer versammelten sich während des Ausschusses lautstark auf dem Marienplatz vor dem Rathaus, einige mit ihren Taxis. Laut einem Polizeisprecher nahmen rund 300 Menschen teil. In der Innenstadt kam es während des Protests zu starken Verkehrsbehinderungen.

Taxiverband: Reiter macht sich zum „Uber-Bürgermeister“

„Ohne Mindestpreise hat das Taxigewerbe keine Chance“, sagte Gregor Beiner vom Taxiverband München. Er warf Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) vor, sich zum „Uber-Bürgermeister“ zu machen. Die SPD habe in letzter Minute den ursprünglichen Antrag torpediert. Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern kritisierte den Kurswechsel als „Rolle rückwärts“.

Der Präsident des Taxi- und Mietwagenverbands Deutschland (TMV), Thomas Kroker, zeigte sich ebenfalls enttäuscht: „Es ist vollkommen unverantwortlich, dass die Stadt so vor Uber und Co einknickt, den uns zugesagten dringend notwendigen Schutz unseres Gewerbes vor ruinösem Preisdumping aussetzt und das ehrliche und anständige Taxi- und Mietwagengewerbe in München im Regen stehen lässt.“ 

OB Reiter: Uber und Co. zu fairen Arbeitsbedingungen auffordern

OB Reiter verteidigte den Kurswechsel. Man habe versucht, am Runden Tisch eine Lösung zu finden – „leider ohne Ergebnis“, sagte der SPD-Politiker laut Mitteilung. Daher sei es richtig, „keinen Schnellschuss zu probieren, sondern sich ausführlich um die gesamte Tarifstruktur zu kümmern und zu überdenken, was man verbessern kann. Und außerdem natürlich auch Uber & Co aufzufordern, für faire Arbeitsbedingungen für ihre Fahrerinnen und Fahrer zu sorgen.“ 

In München waren Mitte April 3.143 Taxis und 541 Mietwagen für Taxi-ähnliche Zwecke offiziell zugelassen, wie eine Sprecherin des KVR sagt. Tatsächlich sind demnach jedoch täglich rund 1.800 Mietwagen in der Stadt unterwegs. Viele stammen der Sprecherin zufolge aus dem Umland, da dort die Kontrollen weniger streng ausfallen. 

Wie sehen Fahrdienst-Vermittler den Vorstoß?

Die Plattform Bolt begrüßte die Entwicklung am Dienstag. Man sei bereit, an einem „Dialog auf Augenhöhe“ mitzuwirken und strebe – wie schon in anderen Städten – eine freiwillige Vereinbarung über faire Rahmenbedingungen an. 

Die Plattform Freenow, die seit ihrer Gründung im Jahr 2009 vor allem Taxifahrten vermittelt, übte dagegen Kritik. „Die Stadt hat eine einmalige Gelegenheit verpasst, ein Zeichen zu setzen für Verlässlichkeit, soziale Verantwortung und modernen Wettbewerb“, sagte Deutschland-Chef Alexander Mönch.

Wie sieht es in anderen deutschen Städten aus?

Auch in anderen Orten in Deutschland werden Mindestpreise diskutiert. Zuletzt hatte Heidelberg eine entsprechende Regelung zum 1. August beschlossen. In anderen Städten wie Berlin wird eine Umsetzung aktuell geprüft. Mit langen Taxi-Korsos in rund einem Dutzend Städte hatten Taxifahrer Anfang Juli bereits für strengere Regeln bei der Konkurrenz von Uber und Co. demonstriert.