Einzelne Branchen sind vorsichtig optimistisch. Doch viele Betriebe zwischen Harz und Küste halten ihr Geld zusammen. Zu groß sind Zweifel, Bürokratie und politische Unsicherheit.
Niedersachsens Wirtschaft zeigt im Sommer erste Erholungstendenzen – doch insgesamt bleibt die Lage angespannt. Das ist das Ergebnis einer Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN). Zwar meldeten einzelne Branchen zuletzt positive Signale, doch insgesamt fehle es weiter an Dynamik.
Knapp 2.400 Unternehmen beteiligten sich an der Umfrage des Kammerverbandes. Rund jedes fünfte bewertete die aktuelle Geschäftslage als gut, etwa ein Viertel als schlecht. Die Mehrheit rechne mit gleichbleibenden Geschäften, nur 13 Prozent hofften auf Besserung.
Zwischen Reformen und Zweifel
IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt forderte mehr Verlässlichkeit der Politik. Zwar habe die Bundesregierung erste Reformen wie den Industriestrompreis umgesetzt, „aber dabei auch ersten Kredit bei Handel und Dienstleistungen verspielt“. Diese hätten sich nicht ausreichend berücksichtigt gefühlt.
Unsicherheit sei Gift für die Wirtschaft, kritisierte Bielfeldt. Viele Betriebe hielten ihr Kapital zurück – auch, weil Ankündigungen zu Bürokratieabbau und Digitalisierung bislang kaum in der Praxis ankämen.
Zins macht Hoffnung, Zölle bremsen
Im Bauhauptgewerbe zeigen sich laut IHKN erste Effekte der Zinssenkung, vor allem im Tiefbau, zunehmend auch im Wohnungsbau. Die erhofften Aufträge aus dem Sondervermögen ließen vielerorts jedoch noch auf sich warten.
Im Großhandel herrsche weiter Zurückhaltung. Unsicherheiten über mögliche Zölle belasteten das Auslandsgeschäft, etwa jeder dritte Betrieb rechne mit Rückgängen. Besonders betroffen seien Branchen wie Maschinenbau, Chemie und Elektrotechnik.
Zurückhaltung beim Konsum
Im Einzelhandel sei bei Nahrungs- und Genussmitteln eine gewisse Stabilisierung erkennbar. Auch Apotheken und Sanitätshäuser erwarteten steigende Umsätze. Insgesamt aber bleibe die Konsumneigung schwach.
Im Gastgewerbe sei die Lage gespalten: Während Hotels und Pensionen von stabiler Nachfrage berichteten, meldete knapp die Hälfte der Restaurants rückläufige Umsätze. Auch die geplante Umsatzsteuersenkung auf Speisen dürfte diesen Trend aus Sicht der Kammer kaum umkehren.
Finanzen stabil, Dienstleister unter Strom
Im Finanzsektor entwickle sich das Kreditgeschäft weiterhin positiv. Auch in der Zeitarbeit hätten sich die Erwartungen verbessert. Die Dienstleistungsbranche insgesamt rechne mit steigenden Umsätzen – laut IHKN ist sie so optimistisch wie seit vier Jahren nicht.
Gleichzeitig nannten 56 Prozent der Dienstleister die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als größtes Risiko. 51 Prozent stuften den Fachkräftemangel als besonders gravierend ein.
Forderung nach Planungssicherheit
Bielfeldt sprach sich für einen grundsätzlichen Vorrang für Infrastrukturinvestitionen aus. Vertrauen lasse sich nur mit weniger Bürokratie und echten Strukturreformen in der Sozialversicherung zurückgewinnen.
Die Kammer fordert eine Wirtschaftspolitik, die nicht bei Ankündigungen stehen bleibe. Damit Unternehmen wieder mutiger investieren, sei Tempo nötig – nicht nur bei Funkmasten und Glasfasern, sondern vor allem bei Entscheidungen.