Der neue Minister bekommt einen warmen Empfang beim Bauerntag, aber die Erwartungen sind hoch. Die Branche will Entlastungen und Unterstützung für mehr Tierwohl – es geht um Milliarden.
Einige Cent mehr für Schnitzel und Grillwürste im Supermarkt, und dadurch mehr Tierschutz im Stall? Über Modelle, wie ein Umbau zu besseren Haltungsbedingungen mitfinanziert werden kann, wird schon lange gerungen. Nur umgesetzt wurde nichts. Auch beim neuen Agrarminister Alois Rainer liegt die Frage auf dem Tisch, denn auf Milliardenkosten für Investitionen sollen die Höfe nicht allein sitzen bleiben. Beim Deutschen Bauerntag machte der CSU-Mann klar, dass mehr Geld dafür her soll – aber nicht über Preisaufschläge.
Lebensmittel hätten sich zuletzt sogar noch höher als die Inflation verteuert, sagte Rainer schon kurz vor seiner Rede vor den Landwirten in Berlin. Deshalb wäre es für ihn der falsche Weg, sie über steuerliche Maßnahmen zusätzlich zu verteuern. „Ich werde dafür kämpfen, dass wir zusätzliches frisches Geld für den tierwohlgerechten Stallumbau erhalten“, sagte er. Das zielt akut auf die gerade laufenden Beratungen über die Bundeshaushalte für 2025 und 2026.
Forderung nach 1,5 Milliarden Euro extra
Summen nannte der Minister bei seiner Premiere auf der Bühne des Bauerntags nicht. Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte die Forderung nach „frischem Geld“ zuvor auch schon mit einer Messlatte versehen: 1,5 Milliarden Euro pro Jahr ab 2026 als Investitionszuschuss besonders für Schweinehalter. Für sie hatte noch die Ampel-Koalition als Anschub eine Milliarde Euro über mehrere Jahre reserviert. Gesucht wird aber ein Dauermodell für die ganze Tierhaltung.
Schon seit 2020 liegt dafür ein Konzept einer Kommission um Ex-Agrarminister Jochen Borchert vor, das eine höhere Mehrwertsteuer oder eine sogenannte Tierwohlabgabe vorschlägt. Denkbar wären 40 Cent pro Kilo Fleisch. Auch Rainers Amtsvorgänger Cem Özdemir (Grüne) warb für einen „Tierwohlcent“.
Rukwied sagt inzwischen, die Finanzierung sei „eigentlich egal“. Entscheidend sei, dass das Geld bei den Bauern ankommt. Die Verbraucherorganisation Foodwatch rief Rainer zur Einführung einer Tierwohlabgabe auf – und zugleich zu einer Streichung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse als Entlastung.
Mindestlohn-Ausnahmen „absolut notwendig“
Bei den Bedingungen für die ganze Branche warb Rainer vor der erwarteten Erhöhung des Mindestlohns erneut für Erleichterungen für Obst- und Gemüsebauern. „Wir prüfen innerhalb des Hauses eine rechtliche Möglichkeit, ob es Ausnahmen gibt für die Landwirtschaft.“ Er finde das absolut notwendig. Der Bauernverband schlägt vor, dass Saisonarbeitskräfte nur 80 Prozent des Mindestlohns erhalten sollten. Das Arbeitsressort hält das aber für unzulässig.
Der Empfang für den neuen Agrarminister fiel freundlich aus, nachdem die Ampel-Regierung die Branche mit dem Aus für Agrardiesel-Vergünstigungen aufgebracht hatte. Union und SPD wollen sie 2026 wieder voll zurückbringen. Überhaupt versicherte Rainer, dass er wie einst als Mittelstürmer beim Fußball Teamspieler bleiben wolle, und zum Team gehörten auch Verbände. Statt wie bei einer Feuertaufe, wie manche sagen, fühle er sich „zu Gast bei Freunden“.
Von den Grünen kam Kritik am Ansatz der neuen Regierung. „Zurück in die Vergangenheit scheint ihre Devise“, sagte die Fachpolitikerin Ophelia Nick, zuletzt parlamentarische Agrar-Staatssekretärin. „Gesetze werden verschoben, Verordnungen für weniger Nitrat im Wasser werden ersatzlos gestrichen.“
Minister-Teamplay bei den Bauern
Später kam neben Rainer auch der neue Umweltminister Carsten Schneider (SPD) zum Bauerntag. „Dass Sie beide hier sind, ist ein wichtiges Signal“, sagte Gastgeber Rukwied und betonte, die Bauern wollten keine Rolle rückwärts beim Klima- und Naturschutz. Schneider betonte: „Umweltschutz und Landwirtschaft bedingen einander.“ Die Bauern spürten Klimaveränderungen als erste. Natur- und Klimaschutz sicherten die Lebens-, aber auch die Wirtschaftsgrundlagen.
Mit seinem CSU-Kollegen im Agrarressort will Schneider auf Teamplay setzen, wie er deutlich machte. Es werde immer auch Unterschiede geben. „Aber wir sind an einem kooperativen Stil interessiert.“ Zuletzt seien viele Themen in der politischen Auseinandersetzung skandalisiert und verhetzt worden. Oft gehe es dabei im Kern gar nicht um Klimaschutz oder Landwirtschaft, sondern gegen staatliche Institutionen. „Das dürfen wir als Demokraten nicht zulassen.“