Am ersten Abend gab es aus der Sixtinischen Kapelle wie erwartet schwarzen Rauch. Heute finden bis zu vier Wahlgänge statt. Draußen warten schon wieder Tausende.
Die Wahl des neuen Papstes ist in der nächsten Runde. Nachdem sich die mehr als 130 Kardinäle am ersten Tag noch nicht auf einen Nachfolger von Papst Franziskus einigen konnten, stehen heute bis zu vier Wahlgänge auf dem Programm: zwei am Vormittag, zwei am Nachmittag. Falls es in der Sixtinischen Kapelle hinter verschlossener Tür eine Zweidrittelmehrheit für einen neuen Pontifex gibt, ist die Wahl allerdings zu Ende. Dann steigt weißer Rauch aus dem Schornstein auf dem Dach der Kapelle auf.
Am Abend hatten mehr als 40.000 Menschen auf dem Petersplatz lange warten müssen, bis nach dem ersten Wahlgang das Rauchzeichen kam. Erst gegen 21.00 Uhr, über drei Stunden nach Beginn des Konklaves, qualmte es schwarz aus dem Schornstein. Also hatte keiner der 133 Kardinäle aus aller Welt die erforderlichen 89 Stimmen zusammen bekommen. So war das auch erwartet worden. In den vergangenen Jahrzehnten dauerten die Konklave stets zwei oder drei Tage.
So viele wahlberechtigte Kardinäle wie nie zuvor
Die lange Wartezeit erklärt sich möglicherweise dadurch, dass dieses Mal so viele Kardinäle wählen dürfen wie noch nie. Eigentlich ist die festgelegte Höchstgrenze von maximal 120 Wahlmännern sogar überschritten, aber keinem Kardinal wurde der Zutritt verweigert. Das hätte auch kaum begründet werden können.
Zudem ist das Konklave so international wie nie zuvor, weil Franziskus Kardinäle aus vielen weit von Rom entfernten Ländern berief. Die Kirchenoberen kennen sich also noch nicht so gut. Spekuliert wird auch, dass eine Ansprache von Kardinal Raniero Cantalamesse mit gemeinsamer Meditation ungewöhnlich lange gedauert haben könnte. Wegen der strikten Geheimhaltung wird man aber möglicherweise nie erfahren, was sich in den ersten Stunden zugetragen hat.
Am Donnerstag zogen schon wieder Tausende auf den Petersplatz, um den Ausgang des Konklaves zu verfolgen – und möglicherweise auch schon den neuen Papst zu sehen zu bekommen. Mitwählen dürfen nur Kardinäle, die jünger als 80 Jahre alt sind. Über den 267. Pontifex entscheiden auch drei Deutsche mit.
Der ehemalige Präfekt der Vatikan-Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller (77), sagte der dpa kurz vor Beginn, er habe sich den Koffer für „fünf, sechs Tage“ packen lassen. „Man muss schon vorbereitet sein. Aber jeder hofft natürlich, dass es nicht so lange dauert. Jeder will nach Hause.“ Wahlberechtigt sind auch die Kardinäle Reinhard Marx (71) aus München und Rainer Maria Woelki (68) aus Köln.
Die Nacht verbrachten die Kirchenoberen im Gästehaus-Komplex des Vatikans, der Casa Santa Marta – auch dort abgeschottet von der Außenwelt. Handys, Smartphones und alle sonstigen digitalen Geräte mussten sie abgeben. Die Fenster wurden verdunkelt. Im Gästehaus verbringen sie auch die Pausen. Dann ist Gelegenheit, sich über den Verlauf der bisherigen Abstimmungen auszutauschen – und auch dazu, Allianzen zu schmieden.
Bis 13.00 Uhr wird wieder Rauch erwartet
Heute wird bis gegen 13.00 Uhr mit dem nächsten Rauchzeichen gerechnet – außer, die Kardinäle einigen sich schon im zweiten Wahlgang. Wenn der Pontifex gewählt ist, steigt weißer Rauch in den Himmel über dem Vatikan. Etwa eine Stunde später wird vom Balkon des Petersdoms verkündet: Habemus Papam (Wir haben einen Papst). Dann wird der Name des Gewählten genannt und auch der Name, den er als Pontifex tragen wird. Das neue Kirchenoberhaupt zeigt sich kurz darauf erstmals der Öffentlichkeit und spendet den päpstlichen Segen Urbi et Orbi (Der Stadt und dem Erdkreis).
Vor dem Konklave wurden die Listen mit möglichen Nachfolgern für Franziskus von Tag zu Tag länger. Als aussichtsreiche Anwärter gelten drei Italiener: die bisherige Nummer zwei des Vatikans, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin (70), der Erzbischof von Bologna, Matteo Zuppi (69), sowie der Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa (60). Früher war es über Jahrhunderte selbstverständlich, dass der Papst aus Italien kommt. Seit 1978 waren es aber ein Pole (Johannes Paul II.), ein Deutscher (Benedikt XVI.) und der Argentinier Franziskus, der am Ostermontag mit 88 Jahren starb.
Auch neue Namen werden gehandelt
Auf den Listen finden sich aber auch die Namen vieler Nicht-Italiener: zum Beispiel der Philippiner Luis Antonio Tagle (67), der Franzose Jean-Marc-Aveline (66), der Portugiese José Tolentino de Mendonça (59), der Ungar Peter Erdö (72) und der Luxemburger Jean-Claude Hollerich (66) – und noch viele mehr. Zudem wird, seit das Konklave läuft, auch über den Sieg eines völligen Außenseiters spekuliert. Erfahrungsgemäß gibt es mit jedem Wahlgang neue Gerüchte.
Weltweit bekennen sich mehr als 1,4 Milliarden Menschen zum katholischen Glauben. In Europa verliert die Kirche bereits seit Jahren Mitglieder, was auch mit vielen Skandalen um sexuellen Missbrauch durch Priester und Vertuschungsversuche zusammenhängt. Auf den anderen Kontinenten steigen die Zahlen hingegen, insbesondere in Asien und Afrika. Deshalb wird auch spekuliert, dass der neue Papst von einem dieser beiden Kontinente kommen könnte.
Der katholischen Glaubenslehre zufolge ist der Papst Nachfolger des Apostels Petrus und Stellvertreter von Jesus Christus auf Erden. Zudem ist er Bischof von Rom, Primas von Italien und Staatsoberhaupt des Vatikans. Große weltliche Macht hat er nicht, aber eine erhebliche moralische Autorität.