Hat eine Mutter die eigene Tochter mit voller Absicht über Wochen krank gemacht? Eine 26-Jährige steht jetzt deswegen vor Gericht. Ihr droht eine lange Haftstrafe.

Weil sie ihre Tochter über Wochen mit Keimen krank gemacht haben soll, steht eine 26-Jährige vor dem Landgericht Heidelberg. Die Mutter soll der damals Dreijährigen laut Staatsanwaltschaft über einen Venenzugang mehrfach Keime injiziert haben. 

Angaben zur Person und zur Sache wollte die Frau, die auf Krücken in den Verhandlungssaal kam, zum Auftakt des Verfahrens nicht machen, wie ihr Verteidiger erklärte. Die Staatsanwaltschaft will beantragen, die Frau in der Psychiatrie unterbringen zu lassen.

Ihr Kind bekam laut Anklage durch die injizierten Keime eine Infektion und musste zahlreiche Behandlungen über sich ergehen lassen, darunter eine Knochenmarkpunktion. Außerdem habe das kleine Mädchen unter hohem Fieber, erheblichem Unwohlsein und der Isolation in der Klinik gelitten.

Vermutung: Mutter hat Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom

Ziel der Mutter sei gewesen, den Gesundheitszustand des Kindes im Sommer 2023 weiter zu verschlechtern, sodass dessen Weiterbehandlung in einer Klinik erforderlich werde. Immerhin: Für bleibende Schäden gibt es laut einem Gerichtssprecher nach Aktenlage aktuell keine Hinweise.

Die Mutter ist wegen Misshandlung Schutzbefohlener und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft geht von einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung der Mutter aus. Zudem soll sie unter einer Opioid-Abhängigkeit leiden.

Ein Sachverständiger vermutet zusätzlich das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom. Eltern, die diese Störung haben, machen ihre Kinder absichtlich krank, um Anerkennung zu bekommen und sich selbst als aufopferungsvollen Menschen darzustellen.

Kind befand sich wochenlang in stationärer Behandlung

Das Kind aus St. Leon-Rot (Rhein-Neckar-Kreis) litt der Anklage zufolge über mehr als sieben Wochen an hohem Fieber und befand sich in stationärer Behandlung. Zur Familie gehört noch ein weiteres Kind sowie der Vater. Die Mutter habe alles für die Kinder getan, sagte ihr Lebensgefährte aus.

Für die Misshandlung Schutzbefohlener sowie für gefährliche Körperverletzung lautet der maximale Strafrahmen jeweils zehn Jahre Haft, wie der Gerichtssprecher sagte.

In dem Verfahren sind demnach 19 Zeugen geladen, darunter mehrere Ärzte. Zudem werden sich laut Sprecher zwei Sachverständige äußern, darunter ein psychiatrischer Gutachter. Im Gerichtsverfahren sind insgesamt sechs Termine bis Anfang Juni angesetzt.