Je älter, umso unbeweglicher und unsicherer – diesen Verlauf will eine bundesweite Studie durchbrechen. Senioren üben sich in Sturzprophylaxe – nach einem Jahr werden die Ergebnisse ausgewertet.

Seit Angelika einmal die Woche in die Turnhalle des TuS Erbstorf in Adendorf bei Lüneburg kommt, macht sie Fortschritte. „Es war schwierig für mich, aber jetzt übe ich das Gehen auch zu Hause“, erzählt die 71-Jährige. Wegen ihrer Arthrose-Erkrankung in den Gelenken geht es nur langsam voran – erst 100 Meter, dann 200. Sie hat sich für den kostenlosen Kurs „Trittsicher in die Zukunft“ beworben, damit sie sicherer durch den Alltag kommt. 

Neun Termine begleitet Übungsleiterin Sandra Borchardt-Wegener, die für eine bundesweite Erhebung motorische Tests durchführt. „Das Konzept wurde vom Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart für ältere Menschen entwickelt“, erzählt sie. 

Trainiert werden unter anderem das Aufstehen vom Stuhl ohne Armunterstützung, der Stand auf einem Bein oder die Oberkörper-Flexibilität mit Stäben im Sitzen. Jeder hat andere Einschränkungen – manch einer kommt mit einem Rollator.

Ein Jahr am Ball bleiben

Die Anleiterin ist überrascht von der Resonanz, nicht alle Interessenten konnte sie im Kurs aufnehmen: „Früher wurde Sturzprophylaxe verdrängt.“ Für die neun Einheiten ist eine Mitgliedschaft im Verein oder bei der finanziell fördernden Krankenkasse SVLFG keine Bedingung. Teilnehmen darf, wer mindestens 65 Jahre alt ist. 

Zusätzlich haben die Senioren ein Tablet bekommen, um insgesamt ein Jahr am Ball zu bleiben und regelmäßig ihre Übungen zu machen. „Mit der App haben wir alle Schwierigkeiten“, berichtet Gerhard – mit seinen 86 Jahren ist er einer der Aktivsten der kleinen Gruppe in der Turnhalle. Bis vor Kurzem turnte er im Verein, doch das wurde ihm zu anstrengend. 

Borchardt-Wegener ist es wichtig, dass die Älteren für den Alltag gerüstet sind. Um selbstbestimmt lange im eigenen Zuhause zu leben, müssten Beweglichkeit und Koordination geschult werden – nicht erst nach dem ersten Sturz.

3.000 Teilnehmer sollen es werden

„Präventiv in Seniorengruppen mit anderen zu arbeiten, kann auch bei Einsamkeit im Alter helfen“, sagt Borchardt-Wegener, die neben ihrer Tätigkeit als Arbeitsvermittlerin im Jobcenter acht Sportkurse anleitet: „Ich habe die Senioren lieben gelernt“. Geduldig achtet sie darauf, dass alle bei den schwierigen Multitasking-Aufgaben mitkommen – das ist zum Überqueren einer Straße mit Bordsteinkanten, Ampeln und Autos enorm wichtig.

„Die Übungsleiter sind das A und O“, bestätigt Veronika Fischer aus dem Projektteam der SVLFG in Landshut. „Wir möchten den Präventionskurs in die breite Masse bringen.“ Eine Teilnehmerzahl von 3.000 sei bundesweit das Ziel. Nach zwölf Monaten würden die Ergebnisse ausgewertet und mit einer Gruppe verglichen, die nicht am Programm teilnimmt.