Immer mehr Online-Dienste setzen auf KI – auch wenn wir das gar nicht wollen. Aktuell nervt etwa Whatsapp mit einem KI-Update. Lasst den Kunden doch einfach die Wahl!
Jetzt ist er da, der blaue Ring. Strahlt mir jedes Mal entgegen, wenn ich Whatsapp öffne. Wartet, dass ich ihn endlich antippe, um meine Fragen an den KI-Bot Meta AI zu stellen. Aber das will ich gar nicht. Und viele andere wollen den Bot ebenfalls loswerden. Nur dürfen wir nicht mitreden. Die KI ist da, ob wir wollen oder nicht.
Der Zwang zur KI-Nutzung nimmt in letzter Zeit stetig zu. Ob nun bei Whatsapp oder seit vergangener Woche auch in Deutschland bei der KI-unterstützten Google-Suche – immer öfter werden wir nicht mehr gefragt, ob wir KI-Funktionen überhaupt haben wollen. Sondern bekommen sie zwangsweise unter die Nase gerieben.
KI, ja gerne. Aber …
Dabei bin ich nicht mal grundsätzlicher Gegner von KI. Ich benutze ständig ChatGPT, die Recherche-KI Perplexity, lasse KI-Programme meine Fotos bearbeiten und habe auch schon, überraschend erfolgreich, einen KI-Bot einen Ersatzflug für eine ausgefallene Verbindung buchen lassen. Künstliche Intelligenz ist toll und nützlich – wenn ich mich dafür entscheide, mir von ihr meine Arbeit abnehmen zu lassen.
In vielen Fällen ist es auch völlig in Ordnung, dass KI ohne mein explizites Wissen werkelt. Oder war Ihnen klar, dass die Bilder ihres Smartphones eigentlich von KI aus mehreren Fotos zusammengebaut werden, um das beste Resultat zu bekommen? Oder dass Ihre Fotodatenbank Sie nur deswegen gezielt nach Urlaubsbildern oder dem Hund suchen lässt, weil eine KI die Bilder systematisch ausgewertet hat?
Der große Unterschied: KI ist in diesem Fall nur ein Werkzeug, um ein Feature zu ermöglichen. Sie ist nicht der Hauptzweck. Vor allem aber wird mir nicht suggeriert, dass ich mich mit einem gleichwertigen Gegenüber unterhalte. Die KI ist hier eher mit der Spülmaschine vergleichbar, die mir einfach Arbeit abnimmt, statt mit dem digitalen Butler, mit dem ich mich unterhalten soll.
Aufgezwungen
Die freiwillige Nutzung reicht aber vielen Firmen offenbar nicht mehr aus. Immer öfter wird KI mir auch dann aufgedrängt, wenn ich sie gar nicht haben will. Dahinter steckt natürlich ein Interesse von Google, Meta und Co., dass ich mich mit ihren KI-Funktionen beschäftigen soll. Die KI-Zusammenfassung bei Google gibt dem Konzern noch mehr Kontrolle, wie und welche Webseiten ich besuche. Oder ob die Werbung lediglich nur direkt bei Google angezeigt wird.
Die Meta-KI macht es dem Konzern möglich, mich noch viel besser kennenzulernen, als es bei der reinen Nutzung der Apps möglich wäre. In Bezug auf Whatsapp ist Meta AI eine Daten-Goldgrube. Weil die Chats verschlüsselt sind, kann der Konzern nicht mitlesen, was wir mit unseren Kontakten schreiben. Beim KI-Bot spielt diese Verschlüsselung aber keine Rolle – wir sprechen ja mit Meta selbst. Der Konzern kann also unsere Gespräche mit dem Bot und Gruppenchats, in die er eingeladen wurde, im Klartext mitlesen und auswerten.
Whatsapp liest mit
Dabei durchleuchten Metas Apps mich eigentlich mehr als genug. Die Meta-KI könnte jetzt aber ein Schlupfloch sein, die Daten noch enger zu verknüpfen. So verbot die EU dem Konzern, die Daten derselben Kunden über mehrere Meta-Dienste wie Whatsapp oder Instagram zu verknüpfen. Nutzt man aber Meta AI in mehreren dieser Angebote, könnte der Konzern argumentieren, dass es sich ja um den gleichen Dienst handelt.
Für Eltern birgt die Meta-KI eine weitere Gefahr: Während ich bei ChatGPT und Co. entscheiden kann, ob ich sie auf dem Handy meiner Kinder erlaube, ist das bei Whatsapp quasi unmöglich. Der Messenger ist mittlerweile so tief in unsere Gesellschaft eingewebt, dass es einer Kontaktsperre von Freunden gleichkäme, wenn man ihn verbietet. Weil sich die KI in Whatsapp aber nicht komplett abschalten lässt – wie man sie wenigstens teilweise loswird, erfahren Sie hier –, haben die Kinder aber mit einem Mal unbegrenzt Zugang zu einem KI-Bot. Mit allen erdenklichen Folgen.
Apple als Vorbild
Wie es richtig geht, zeigt aktuell übrigens Apple. Nicht, weil die seit Anfang April auch in Deutschland verfügbare KI-Offensive Apple Intelligence (hier erfahren Sie mehr) besonders bahnbrechend wäre. Sondern weil ich ganz gezielt entscheiden kann, ob und welche der Funktionen ich nutze. Wenn das iPhone nun meine Benachrichtigungen zusammenfasst, kommen zwar manchmal etwas merkwürdige Ergebnisse heraus, ich kann das Feature aber auch einfach abstellen. Oder Apple Intelligence komplett von meinem iPhone verbannen.