In der Debatte um das Bürgergeld wird viel über die Höhe der Leistungen diskutiert. Der ehemalige BA-Chef Scheele lenkt den Fokus auf einen anderen Aspekt.

Der frühere Vorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele (SPD), fordert bei der Reform des Bürgergelds gesetzliche Änderungen, um Sozialmissbrauch durch kriminelle Banden einzudämmen. „Die Leute werden hierhin gefahren, in heruntergekommenen Immobilien gemeldet, gehen angeblich einem Minijob nach und erhalten dann Aufstockerleistungen“, sagte Scheele der „Süddeutschen Zeitung“. „Das hat sich leider zu einem immer größeren Geschäftsmodell entwickelt“, beklagte er. Zumal auch noch die Kosten der Unterkunft übernommen würden. 

Scheele stand von 2017 bis 2022 an der Spitze der Bundesagentur für Arbeit. Er forderte insbesondere, sich Paragraf 7 im Sozialgesetzbuch II vorzunehmen. Dort geht es um Ausschlusskriterien für den Empfang von Bürgergeldleistungen. Bei EU-Bürgern, die freizügigkeitsberechtigt sind, wird aber nicht näher definiert, in welchem Umfang sie in Deutschland arbeiten müssen, um hier ergänzende Sozialleistungen zu bekommen. 

Paragraf 7 im Sozialgesetzbuch unterbelichtet?

Scheele mahnte: „Die Bürgergeld-Reform muss den Erwerbstätigkeitsbegriff so sicher machen, dass man nicht mit fiktiven Beschäftigungsbescheinigungen ganze Bedarfsgemeinschaften finanzieren kann.“ Es wundere ihn, dass kaum auf diesen Paragrafen geschaut werde. Wichtig sei auch, dass der Datenabgleich der Behörden verbessert wird, um Sozialbetrug vorzubeugen. 

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte zuletzt vorgeschlagen, auf EU-Ebene Änderungen herbeizuführen, damit nicht schon ein Minijob für EU-Bürger ausreicht, um zusätzlich Bürgergeld und Unterkunftskosten zu bekommen. 

Duisburgs OB: Organisierter Missbrauch muss ein Ende haben 

Das fordert auch Duisburgs SPD-Oberbürgermeister Sören Link, der am Sonntag in einer Stichwahl gegen den AfD-Kandidaten Carsten Groß antritt. „Die Armutsmigration aus Südosteuropa bringt organisierten Missbrauch von Sozialleistungen nach Duisburg. Das muss endlich ein Ende haben“, sagte Link der „Süddeutschen Zeitung“. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sei es wichtig, dass der Staat konsequent gegen diese Strukturen vorgehe. „Wir kämpfen vor Ort mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Sozialleistungsmissbrauch – es ist aber nur ein Kampf gegen Symptome, solange ein Minijob reicht, um in Deutschland das volle Paket Sozialleistungen zu beziehen“, beklagte Link.

Zuständig für die Reform ist Bundesarbeitsministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas, die selbst aus Duisburg stammt. Bas selbst hatte bereits erklärt, sie wolle bandenmäßigen Leistungsmissbrauch mit besserem Datenaustausch der Behörden bekämpfen – etwa zwischen Ausländerbehörden, Jobcentern und Zoll. Im Herbst werde sie konkrete Vorschläge machen. Die Bundesagentur für Arbeit plane ein eigenes „Kompetenzzentrum Leistungsmissbrauch“.