Über die Absetzung der TV-Moderatorin Julia Ruhs beim NDR wird heftig debattiert. Intendant Hendrik Lünenborg gibt sich selbstkritisch – aber nicht in der Sache.
Redaktionelle Unabhängigkeit und innere Pressefreiheit gehören zu den Eckpfeilern des Journalismus. Eine Redaktion muss ohne äußere Einflussnahme entscheiden können, was sie wie veröffentlicht. So hat sich die Redaktion des Norddeutschen Rundfunks (NDR) gegen eine weitere Zusammenarbeit mit der TV-Journalistin Julia Ruhs entschieden – und damit eine massive Debatte ausgelöst.
NDR-Intendant Hendrik Lünenborg räumt nun Fehler ein. „Unsere Kommunikation war an der Stelle wirklich nicht optimal. Das kann man gar nicht anders sagen, denn wir haben ja das Format fortgesetzt“, so Lünenborg im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Entscheidung selbst habe die Redaktion getroffen.
Julia Ruhs gilt als konservativ – ihre Nachfolgerin beim NDR auch
Julia Ruhs gilt als konservativ, der NDR traditionell als eher progressiv. Sie wird die Magazin-Sendung „Klar“ weiterhin für den Bayerischen Rundfunk (BR), ihren Stammsender, moderieren. Der NDR setzt für das gemeinschaftliche Format mit dem BR künftig die Journalistin Tanit Koch ein, was die Anstalt jedoch erst nach der Ruhs-Personalie bekanntgab. Koch war zuvor unter anderem für „Bild“ und „Focus“ tätig, beriet im Bundestagswahlkampf 2021 den CDU-Kandidaten Armin Laschet.
Insbesondere Unions-Politiker hatten Ruhs‘ Absetzung beim NDR kritisiert. Auch im Journalismus wird die Personalentscheidung kritisch gewürdigt. Tenor: Wer für Meinungsfreiheit und Vielfalt stehe, müsse diese auch innerhalb einer Redaktion aushalten können. Die NDR-Redaktion habe sich und dem Ruf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen Bärendienst erwiesen, so die Sichtweise diverser Kommentare.
In der Sache selbst gibt sich Hendrik Lünenborg gelassen: „An Personalien, an Moderatorinnen und Moderatoren, scheiden sich immer wieder mal die Geister. Das ist etwas, was wir im öffentlich-rechtlichen Rundfunk kennen. Das müssen wir aushalten, weil wir sonst uns selbst auch zu sehr einschränken“, so der NDR-Intendant. Die redaktionelle Vielfalt der Anstalt sieht er nicht gefährdet. „Es gab in der Tat eine ziemlich breite interne Debatte und es gab auch heftige Kritik. Das ist auch ein normaler Vorgang, weil in Redaktionen diskutiert werden muss. Mir ist nur wichtig, dass diese Diskussionen im Inneren geführt werden und auch auf eine faire und kollegiale Art und Weise.“