Viermal wird einer Familie die Regenbogenfahne vom Mast gerissen. Mitbürger wollen die Betroffenen nicht allein lassen und haben eine Idee.

Fahnen, Girlanden, Windspiele in Regenbogenfarben – das Örtchen Wahrenholz nördlich von Gifhorn erstrahlt bunt. Die Bürger wollen damit ein Zeichen setzen – für Vielfalt und gegen Ausgrenzung, wie Landwirt Helmut Evers sagte, der die Aktion mit organisiert. Teilweise seien 4 bis 5 Fahnen pro Straße an Flaggenmasten gehisst worden, berichtete ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur.

Mit der Aktion soll vor allem Solidarität mit einer Familie gezeigt werden, der inzwischen viermal eine Regenbogenfahne gestohlen wurde. An möglichst vielen Häusern sollten die bunten Fahnen und auch die Wappen-Fahne von Wahrenholz gehisst werden, hatte Evers am Freitag gesagt. Erste Flaggen hingen demnach bereits vor dem offiziellen Auftakt der Aktion bei einer Kundgebung mit rund 100 Menschen am Freitagabend. Wer keine Regenbogenfahne habe, präsentiere teilweise bunte Fahnen von Sportvereinen oder Flaggen mit dem Wappen von Wahrenholz.

Landwirt: „Regenbogenfahne steht für harmonisches Miteinander“ 

„Die Regenbogenfahne steht für Toleranz, ein harmonisches Miteinander und ein Leben in Frieden – damit sollten doch die allermeisten Menschen etwas anfangen können“, sagte Evers. Wieso man gegen die Fahne sei, könne er nur schwer verstehen. Er habe den Eindruck, dass es da auch Missverständnisse gebe.

Die Regenbogenfahne ist ein Symbol der LGBTQ-Gemeinschaft. LGBTQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und queere Menschen. Bei der Aktion in Wahrenholz gehe es aber nicht um eine bestimmte Gruppe an Menschen, sondern alle Bürger, sagte Evers.

Mitorganisator „angetan“ von Zuspruch

„Wir sind sehr angetan von der Resonanz der Aktion“, sagte der Landwirt weiter. Die Besitzerin eines kleinen Dorfladens habe gesagt, sie hätte noch 100 Fahnen mehr verkaufen können. Für die Aktion hatte sie demnach 50 Flaggen bestellt.

Von Mitbürgern habe er gehört, dass die Flaggen und die Kundgebung für Austausch und Diskussionen gesorgt hätten, sagte Evers. „Das ist doch das beste Resultat, das wir hätten haben können.“ Der Milchbauer zeigte sich zuversichtlich, dass sich im Dorf auch weiter mit den Themen beschäftigt werde, für die die Regenbogenfahne stehe.

Flaggendiebstahl bei alteingesessener Familie

Auslöser der Aktion ist ein wiederholter Flaggendiebstahl. Seit Jahresbeginn wurden vier Fahnen von einer Familie gestohlen, wie die Polizei mitteilte. Ermittelt wird demnach in alle Richtungen. 

Evers sagte: „Die Fahnen am Mast der Familie waren unter anderem mit Kabelbindern gesichert. Sie wurden also gewaltsam entfernt“. Die betroffene Familie ist laut Evers alteingesessen im Ort und unter anderem bei Vereinen und im Dorfleben engagiert. „Irgendwann haben wir uns dann gedacht: Jetzt müssen wir mal tätig werden.“

Mit „wir“ ist dabei in diesem Fall das „Bündnis Bauern gegen Rechts“ gemeint. Das sei ein loser regionaler Zusammenschluss ohne Bezug zu etwa Parteien oder Kirchen. Dem Bündnis gehören laut Evers nicht nur Landwirte an. 

Anfang der Woche sei dort die Idee mit den Regenbogenfahnen entstanden. Es gebe auch Menschen, die dem Vorhaben skeptisch gegenüberstehen. „Das ist normal und in Ordnung. Wir wollen ins Gespräch kommen“, sagte Evers.

„Wie ein echter Regenbogen“

Die Aktion solle „wie ein echter Regenbogen“ sein, sagte Evers. „Ein Regenbogen kommt aus dem Nichts und verschwindet genauso wieder.“ Bis Sonntag sollen die Fahnen hängen und dann wieder abgenommen werden. Einerseits solle die Aktion ein „kurzes, einprägsames Zeichen sein“. Zudem soll sich am folgenden Wochenende das Dorf auf die Jubiläums-Feierlichkeiten des örtlichen Bäckers konzentrieren können. „Auch so etwas ist wichtig für den Zusammenhalt im Ort.“