Die Entsiegelung von Innenstädten ist teuer und teils mit vielen Herausforderungen verbunden – trotzdem verfolgen viele Kommunen entsprechende Pläne.

Graue Plätze, wo Beton, Asphalt oder Pflaster kaum Regen in den Boden lassen: Sogenannte Flächenversiegelung beschäftigt auch viele Thüringer Kommunen. Ob Erfurt, Jena, Gera, Eisenach, Mühlhausen oder Weimar: Maßnahmen zur Entsiegelung spielen überall eine Rolle bei Städteplanung und beim Städtebau.

Dass ein Vorgehen gegen die Flächenversiegelung wichtig ist, ist in allen befragten Städten Konsens. Einerseits gehe es dabei um den Wasserrückhalt als Schutz vor Überschwemmungen und um die Neubildung von Grundwasser. Andererseits sei Stadtgrün eine effektive Maßnahme, sogenannte Hitze-Hotspots in Städten abzubauen und eng bebaute Areale besser abzukühlen.

Letztlich seien Entsiegelungen auch unverzichtbar, um die Innenstädte überhaupt attraktiv zu erhalten, erklärt die Sprecherin des Geraer Baudezernats Nancy Sölch stellvertretend für viele andere Kommunen. „Straßenräume sind schon aus historischer Perspektive immer mehr gewesen als reine Transiträume“, so Sölch. Straßen und Plätze müssten fit gemacht werden, damit sie auch in Zeiten des Klimawandels ihre Funktion als Treffpunkt erfüllen könnten. 

Kosten schwierig zu kalkulieren 

Allerdings sehen sich die Kommunen teilweise überfordert – vor allem bei den Kosten. Wie viel jeweilige Maßnahmen gegen Flächenversiegelung kosten werden, kann keine der befragten Kommunen exakt beziffern. Ein Beispiel aus Gera zeigt aber, wie schwer kalkulierbar Projekte sein können: So habe die Stadt bei der Neugestaltung des Steinwegs im Sinne der Flächenentsiegelung mindestens drei bestehende Bäume erhalten wollen, so Sölch.

Mit fortschreitender Planung habe sich herausgestellt, dass dies unter anderem wegen bestehender unterirdischer Kanäle nicht möglich sei. Letztlich habe nur ein Baum erhalten werden können. Die Kosten aber allein für dessen Erhalt hätten mit rund 45.000 Euro zu Buche geschlagen, weil unter anderem ein Kanalstück zurückgebaut werden musste. 

Großprojekt Ernst-Abbe-Platz in Jena

Auch in den anderen Kommunen wird die teils schwer abwägbare finanzielle Belastung als eines der größten Probleme genannt. Zwar gebe es eine Reihe Förderprogramme von Land und Bund, ohne die viele Maßnahmen überhaupt nicht zu stemmen seien. Allerdings stelle der Eigenanteil Kommunen teils vor unlösbare Probleme. In Jena wird allein die Umgestaltung des Hitze-Hotspots Ernst-Abbe-Platz nach derzeitigem Stand mit rund 6,3 Millionen Euro zu Buche schlagen, von denen der Bund 85 Prozent übernehme, wie es dort hieß.

Doch auch bei rechtlichen Vorgaben für Entsiegelungsmaßnahmen müsse es Nachbesserungen geben, so die Kommunen. So sollten Förderverfahren vereinfacht, das Städtebaurecht und die Bewertung von Ausgleichsmaßnahmen angepasst werden.

Klimaoasen und Zisternen

Pläne gegen die Versiegelung verfolgen Kommunen teils schon seit Jahren. Jena hat etwa das erklärte Ziel, dass alle Bewohner innerhalb von fünf Minuten eine der „urbanen Klimaoasen“ erreichen können. In Erfurt profitieren unter anderem Nutzer von Regenwasserzisternen von deutlich niedrigeren Wassergebühren. Wo es möglich und sinnvoll sei, werde auf wasserdurchlässige Straßenbeläge und Bepflanzung gesetzt, so eine Sprecherin.

In Eisenach wurde einer Sprecherin zufolge etwa bei einer Schulsanierung eine größere Fläche entsiegelt, begrünt und unterirdisch durch eine Regenwasserzisterne ergänzt. Seit 2021 seien über 300 neue Bäume gepflanzt worden, im Herbst dieses Jahres sollen 115 weitere folgen. Die Stadt Weimar stelle im Haushalt regelmäßig Mittel zur Verfügung, um Flächen aufzukaufen, die sich für eine Entsiegelung eigneten, heißt es aus der dortigen Verwaltung.

Auch private Initiativen erwünscht 

Letztlich sei aber auch die Bevölkerung gefragt: Maßnahmen wie der Rückbau von Garagen oder Parkplätzen stoße bei den Einwohnern nicht immer auf Zustimmung, hieß es etwa aus Eisenach. Eine gute Kommunikation bestehender Pläne sei daher ebenso wichtig wie die Beteiligung der Anwohner, so die Stadtverwaltungssprecher.