Carrie-Bradshaw-Fans sind halb erleichtert, halb geschockt: Die „Sex And The City“-Saga endet. Abschied von einer Freundschaft, die sich nur noch aus Nostalgie speiste.

Der Abschied von Carrie Bradshaw fühlt sich ein bisschen an wie das letzte Treffen mit einer alten Schulfreundin. Man hat sich nicht mehr richtig viel zu sagen, die Leben haben sich zu unterschiedlich entwickelt, und es ist allen Beteiligten klar, dass ohne die „Weißt du noch, damals“-Nostalgie sowieso kein Treffen mehr zustande gekommen wäre. 

Also verabschiedet man sich diesmal schon nach einer Weißweinschorle voneinander, obwohl man früher bis morgens um vier zusammen trinken, rauchen und reden konnte. Jaja, stressige Woche, wir hören voneinander! Auf dem Heimweg ist man kurz traurig darüber, dass diese unverbrüchlich geglaubte Freundschaft doch ein Verfallsdatum hatte – aber insgeheim auch erleichtert, dass eine soziale Verpflichtung weniger den Terminkalender fordert.  

„Sex and the City“ prägte eine ganze Generation

Carrie Bradshaw war vielen Frauen lange Zeit so eine Freundin, der ungewöhnlich lange die Treue gehalten wurde. Eine, die nur auf dem TV-Bildschirm existierte, aber trotzdem – Carrie gehörte zum Leben vieler Frauen ganz unterschiedlicher Generationen einfach dazu, und das über sechs Staffeln „Sex and the City“ (1998-2004), zwei Kino-Sequels (2006, 2008) und immerhin 32 Folgen Serienfortsetzung (gestartet 2021).  

Nun zoomt die Kamera endgültig raus aus dem Leben der vielleicht berühmtesten, fiktiven New Yorkerin: Der Sender HBO hat das Ende von „And Just Like That“ verkündet, ziemlich unvermittelt. 27 Jahre lang habe Carrie Bradshaw ihren „professionellen Herzschlag“ bestimmt, sagte Hauptdarstellerin und Mitproduzentin Sarah Jessica Parker in einem emotionalen Video-Rückblick – nun muss sie sich, nun müssen sich die Fans damit abfinden, dass Carries Geschichte zu Ende erzählt ist.  

Und das bringt einen bittersüßen Abschied mit sich. Fans wie Kritiker sind sich einig, dass „And Just Like That“ nie das „Geschenk“ war, das man sich vom Kultserien-Revival erhofft hatte – auch, wenn Showrunner, Drehbuchautor und Regisseur Michael Patrick King die Serie nach eigenen Aussagen genau so konzipiert haben will. Im Gegenteil: Das, was „Sex And The City“ einst zur popkulturellen Sensation machte, nämlich der Mix aus Flapsigkeit, Style und ganz viel Herz, ging der Fortsetzung über den Anspruch verloren, es allen recht machen zu wollen. 

Ultra-glatt und ultra-seltsam zugleich

Den Hardcore-Fans, die ihre Heldinnen von einst eigentlich nur zufrieden und glücklich wiedertreffen wollten, ohne große Brüche im Leben (warum musste Mr. Big sterben?!). Den kritischen Stimmen, die die Ursprungsserie zu weiß, zu politisch unkorrekt, zu wenig repräsentativ für das echte New York war (die schlechteste Lösung für diese berechtigte Kritik: überkonstruierte Wokeness-Storylines). Und vermutlich wollte man es vor allem den Studiobossen gefallen, die aus der Carrie-Maschinerie einen wirtschaftlichen Hit pressen wollten.  

Am Ende geriet die Serie ultra-glatt und ultra-seltsam zugleich. Es fehlten die guten Geschichten, und es fehlte die ironische Beobachtungsgabe, mit der Carrie Bradshaw einst durch ihre Lebenswelt führte. 1998 lernte man die Protagonistin als freche Sex-Kolumnistin kennen, die sich durchs New Yorker Dating-Leben schlug und sich ihre Manolo-Blahnik-Sammlung nur dank einer Uralt-Mietpreisbindung leisten konnte. Ja, das „Sex and the City“-Leben spielte sich in einer „Vogue“-Version des Manhattans um die Jahrtausendwende ab. Schon zum Lunch gab es Cosmopolitans und die ebenso glamouröse wie loyale Freundinnen-Clique hatte  endlos Zeit zur Verfügung, sämtliche Lebensprobleme bei ausgedehnten Shoppingtouren zu besprechen. 

Aber genau diese Gespräche waren so witzig und glaubwürdig geschrieben und gespielt, dass sich Frauen überall auf der Welt darin wiederfinden konnten, für eine halbe Serienstunde das Gefühl hatten, sie seien selbst Teil der Clique.  

2025 hingegen verabschiedet sich Carrie Bradshaw als reiche Witwe von den TV-Bildschirmen, die allein mit einer Katze in einem viel zu großen Haus wohnt, sich mit ihrem Untermieter über High-Heel-Geklacker streitet und mit Ende 50 immer noch lernen muss, ihren Selbstwert nicht an die Aufmerksamkeit irgendwelcher Männer zu hängen. Ihre Freundinnen, die ihr früher auch mal ehrlich die Meinung geigten, wenn Carrie sich allzu prätentiös aufführte, sind zu schablonenhaften Nebenfiguren degradiert worden, die mit minimalsten Lebensaufgaben überfordert sind.  

Ist das das Leben, das sich das TV-Publikum einmal für Carrie, Charlotte, Samantha und Miranda gewünscht hatte? Ganz sicher nicht. „Sex and the City“ galt zur Zeit der Erstausstrahlung als provokant, sexy, kulturell richtungsweisend. Zum Ende von „And Just Like That“ bleibt das bestürzende Gefühl, dass die Serienmacher Themen der Generation 50+ offenbar als nicht interessant genug empfanden, um daraus eine spannende Show zu machen. Statt genau zuzuhören und wiederzugeben, wie 55-jährige Frauen in einer sehr privilegierten, aber doch auch sehr spannenden Szene fühlen und sprechen, worüber sie Witze machen und was sie bewegt, servierte man einen dünnen Plot, der seine Heldinnen regelrecht verriet.  

© HBO

Und so kann eigentlich selbst der verklärteste Fan nur eingestehen, dass es wirklich Zeit wird, Carrie Bradshaw liebevoll adieu zu sagen. Gerüchten zufolge soll sich Sarah Jessica Parker zwar um eine Weiterführung der Serie mit neuen Produzenten bemühen. Aber ganz ehrlich: Das klingt nur nach einem weiteren Versuch, den Serien-Franchise ans künstliche Beatmungsgerät anzuschließen. Für stundenlange Hate-Watch-Sessions ist die eigene Lebenszeit wirklich zu schade. In diesem Sinne bleibt nur zu sagen: Liebe Carrie Bradshaw, es war toll mit dir – aber bitte ruf uns nicht mehr an.