Die Rolle der Helga Beimer machte sie zu einer der bekanntesten Schauspielerinnen in Deutschland. Im Alter lässt sie es nun langsamer angehen und hat einen neuen Rhythmus gefunden.

Manchmal wundere sie sich, sagt Marie-Luise Marjan. „Ich werde immer noch so oft auf die Helga Beimer angesprochen – obwohl das nun doch schon eine ganze Weile her ist.“ Dabei ist das doch eigentlich gar nicht verwunderlich: Schließlich war Marjan als „Mutter Beimer“ 35 Jahre lang gewissermaßen das Gesicht der ARD-Kultserie „Lindenstraße“, deren letzte Folge 2020 lief.

Seitdem ist viel passiert im Leben der Schauspielerin, die an diesem Samstag (9. August) 85 Jahre alt wird. Ihren Optimismus hat sie trotz einiger Tiefschläge nicht verloren. „Ich bin zwar körperlich noch etwas eingeschränkt, aber insgesamt doch fit und munter“, versichert Marjan in einem Telefongespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

„Ich muss Geduld haben“

Bei einem Sturz im Juni 2024 hatte Marjan sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen, mit dessen Folgen sie noch immer zu tun hat. „Ich musste fünf Mal operiert werden und nutze noch einen Rollator oder Stock“, erzählt sie. „Das Ganze dauert leider länger als ich dachte. Mein Arzt sagte zu mir: „Das Wörtchen ’schnell‘ streichen Sie mal lieber.“ Ich muss Geduld haben.“

Auch abgesehen von der Verletzung hat Marjan inzwischen einige Gänge zurückgeschaltet. „Man muss einfach akzeptieren, dass man ab einem gewissen Alter seinen gewohnten Rhythmus nicht mehr beibehalten kann“, hat sie festgestellt. „Da muss man auf seine innere Stimme hören und sich den Gegebenheiten anpassen.“ So habe sie zum Beispiel inzwischen ein Mittagsschläfchen in ihren Tagesablauf eingebaut. Um beweglich zu bleiben, gehe sie regelmäßig schwimmen.

Sie genießt den Kontakt zum Publikum 

Nach wie vor sei sie viel unterwegs, um Lesungen zu halten. „Das macht mir Freude. Ich genieße es, auf der Bühne zu sein und Kontakt zum Publikum zu haben“, schildert sie. „Meistens fahre ich schon einen Tag vorher hin, schaue mich um, gehe über den Markt und spreche mit Leuten.“

Nachdem sie jahrzehntelang in Köln und Hamburg gewohnt hatte, zog Marjan vor zwei Jahren nach Bonn, ins eher beschauliche frühere Diplomatenviertel Bad Godesberg. „Hier ist es sehr ruhig, aber das wollte ich ja so“, sagt sie. „Ich hatte immer so viel Trubel im Leben, jetzt möchte ich mehr Zeit für mich haben.“ In ihrer neuen Nachbarschaft habe sie sich gut eingelebt und auch einige Bekanntschaften geschlossen.

Schon als Kind wollte sie Schauspielerin werden

Einen Großteil ihres Freundeskreises habe sie nach wie vor in Hamburg. Dort lebte Marjans langjähriger Partner, der 2021 starb. „Ich vermisse ihn sehr, es war eine innige Verbindung“, sagt sie. Nur wenig später verlor sie auch ihren Halbbruder, den sie erst 2007 durch die Familienforschung mit Hilfe einer TV-Sendung kennengelernt hatte. Die in Essen geborene Marjan war bei Adoptiveltern in Hattingen aufgewachsen.

Schon als Kind wollte sie Schauspielerin werden. Nach dem Besuch der Staatlichen Musikhochschule Hamburg stand sie zunächst gut 20 Jahre lang auf Theaterbühnen. Fürs Fernsehen spielte sie in einer Reihe von TV-Filmen mit – hauptsächlich Mütter, etwa in Wolfgang Petersens „Smog“ (1973). Die Helga Beimer, die sie seit 1985 verkörperte, war bereits ihre 25. Mutterrolle. 

35 Jahre spielte sie die „Mutter Beimer“

An die „Lindenstraße“ denke sie noch oft zurück. „Ich habe 35 Jahre meines Lebens mit dieser Serie verbracht – und mit den Menschen dort. Das kann man nicht einfach abhaken.“ Zu einigen Darstellern und Teammitgliedern habe sie noch immer engen Kontakt.

Hat sie eine Traumrolle, die sie irgendwann gerne gespielt hätte? „Nein“, sagt Marjan nach kurzem Überlegen. „Die Rolle, die man gerade spielt, ist immer die Lieblingsrolle. Ich bin künstlerisch so erzogen, dass man für jede Rolle alles gibt.“

„Die Weltlage macht mir Sorgen“

Als TV-Zuschauerin sehe sie sehr gerne alte amerikanische Filme. In neueren Produktionen stören sie die nach ihrer Ansicht oft schlechte Synchronisation und die „schnelle, hektische Sprechweise“.

Täglich schaue sie Nachrichtensendungen. „Die Weltlage macht mir Sorgen. Wer weiß, was da noch passiert“, meint sie. „Aber wir dürfen trotzdem nicht zusammensinken und uns nicht niederdrücken lassen.“ 

Ihren Geburtstag möchte Marjan in großer Runde feiern: „Ich werde 85 – da sollen auch 85 Gäste kommen.“