Mit einem gigantischen Aktiengeschenk will Tesla den CEO glücklich machen und „Anreize“ schaffen. Doch ein Weg aus der Krise ist das auf gar keinen Fall – Musk schadet Tesla.
Mit einem gigantischen Payday will Tesla seinen CEO Elon Musk bei Laune halten. Das Unternehmen gewährt dem Chef den Kauf von 96 Millionen Aktien zum Vorzugspreis von nur 23,34 US-Dollar. An der Börse wird Tesla mit 308 US-Dollar gehandelt. Ein unglaublich guter Deal für Musk und vermutlich einer der höchsten Zahltage für einen Firmenchef seit Menschengedenken – selbst wenn Musk die Aktien erst nach Jahren zu Geld machen kann.
Das Geschenk soll für Musk genug Anreiz sein, um dem Unternehmen bis mindestens 2027 treu zu bleiben. Tesla schreibt in einer Mitteilung an Investoren: „Während wir anerkennen, dass Elons geschäftliche Unternehmungen, Interessen und andere mögliche Anforderungen an seine Zeit und Aufmerksamkeit umfangreich und vielfältig sind (…), sind wir zuversichtlich, dass diese Auszeichnung Elon dazu motivieren wird, bei Tesla zu bleiben und seine unvergleichlichen Führungsqualitäten weiterhin darauf zu konzentrieren, für die Tesla-Aktionäre zusätzlichen Wert zu schaffen sowie Talente für Tesla zu gewinnen und zu binden.“
Der Staat steht dem Deal diesmal wohl nicht im Weg. 2018 sollte Musk ein noch viel größeres Paket erhalten, ehe es von einer Richterin in Delaware gestoppt wurde. Dann zog das Unternehmen nach Texas. Die Berufung im Delaware-Verfahren läuft auch noch. Sollte Musk letztlich doch gewinnen, wolle Tesla das neue Paket immerhin anrechnen und die dann zugesprochenen Milliarden nicht abzugsfrei hinzuaddieren.
Tesla steht nicht gut da
Doch abgesehen davon, dass wir hier von Summen reden, die jenseits aller normalen Vorstellungskraft liegen, hat Tesla für diese Entscheidung keine nachvollziebaren Argumente. Und das aus mehreren Gründen. Seit Monaten befindet sich das Unternehmen im freien Fall. Die Verkaufszahlen sind schlecht, die Produktentwicklung stagniert und die Umsätze schwinden.
Selbst ohne die politische Brille ist es nicht von der Hand zu weisen, dass der Cybertruck ein Flop ist und Produkte wie der Roadster nur auf dem Papier existieren. Streit um die Software gibt es auch seit Jahren – zuletzt mündete das Verhalten des Autopiloten in einem Schuldspruch. Ein Geschworenengericht in Florida hat den Autobauer erst vor wenigen Tagen zu einer Strafe in Höhe von 243 Millionen US-Dollar verdonnert, weil die Software einen Auffahrunfall verursacht haben soll. In diesem Fall urteilten die Geschworenen, dass Tesla die Nutzung des Autopiloten nicht ausreichend beschränke. Tesla kündigte an, Berufung einzulegen.
Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs: Immer wieder wird die Software von Behörden auf ihre Tauglichkeit untersucht – und immer wieder fällt der Tesla Autopilot durch schwerwiegende Fehler im Straßenverkehr auf. Das hat auch mit Sparmaßnahmen zu tun. Es ist Musk, der den Verzicht auf wichtige Sensoren seit Jahren verteidigt und Tesla dazu gebracht hat, nur noch Kameras zu verbauen. In der Branche wird diese Entscheidung seit Jahren kritisch beäugt. Scheitert das Unternehmen mit der Abwehr des Urteils in Florida, öffnet das Urteil Tür und Tor für weitere Klagen. Die Folgen sind nicht absehbar.
Elon Musk: Ein verrückt gewordener Chef
Am wichtigsten ist jedoch tatsächlich das Verhalten des Chefs selbst. Im Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump und insbesondere in der Zeit nach dessen Sieg leistete sich Musk einen Skandal nach dem anderen. Da war der „römische Gruß“, der einem Hitlergruß erstaunlich ähnlich sah. Und die Einmischung in den deutschen Wahlkampf als Maskottchen der AfD. Oder die zerstörerische Zerschlagung US-amerikanischer Behörden als Chef der durch ihn ins Leben gerufenen „Effizienzbehörde“ DOGE – es hörte nicht auf. Von merkwürdiger Werbung von Donald Trump für Tesla mal ganz abgesehen. Es ist sehr viel in sehr kurzer Zeit passiert.
Das hinterlässt natürlich Spuren. In Europa ist das Ansehen des Tech-Pioniers ins Bodenlose gefallen. Der für einen Elektroauto-Hersteller so wichtige europäische Markt hat sich stark abgekühlt. Immer mehr Tesla-Modelle fahren mit eindeutigen Hinweisen durch die Gegend, dass man „das Auto gekauft habe, bevor Elon verrückt wurde“. Musk und Tesla sind für die Kunden untrennbar miteinander verwoben – im ehemals guten wie im heute schlechten.
Auch in den USA gibt es immer wieder Proteste gegen Musk, selbst der Bau eines vermeintlich harmlosen Imbissstandes ging nicht ohne lauten Widerstand über die Bühne. Zudem sieht es politisch auch nicht mehr gut für Tesla aus, nachdem Donald Trump seinen „First Buddy“ Musk abgesägt hat. Die Zukunft, so scheint es, gehört dort den Verbrennern.
Musk ist es, der viele ehemalige Kunden auf Jahre – oder für immer – verschreckt hat. Diese Kunden wären vermutlich eher dann zu einer Rückkehr bereit, wenn Tesla Musk öffentlichkeitswirksam vor die Tür gesetzt hätte. Nun geschieht das Gegenteil. Wenn die vielen Versäumnisse des Autoherstellers bisher nicht der Anfang vom Ende waren – der unwirkliche Zahltag für Musk und das Klammern am Chef könnte das jetzt wirklich sein.