Wie weckt man Begeisterung beim Nachwuchs für Naturwissenschaften? Vor allem bei Mädchen und Schülern aus bildungsfernen Haushalten? Spitzenforscher auch aus Dortmund wollen eine Strategie entwickeln.

Um mehr Nachwuchs für Physik und Co. unter Jugendlichen zu gewinnen, sollen Experten mit Hilfe einer umfassenden, praxisorientierten Bildungsstudie neue Strategien ausloten. Die Uni Dortmund ist dazu mit dem Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an einem auf fünf Jahre angelegten Forschungsprogramm beteiligt, sagte Bildungsforscherin und IFS-Direktorin Nele McElvany der Deutschen Presse-Agentur. Damit würden Spitzenforschung und gesellschaftliche Verantwortung verbunden.

Für Bildungsgerechtigkeit und gegen Nachwuchsmangel 

Bei der Studie – ein Novum in der Bildungsforschung – gehe es zum einen um mehr Bildungsgerechtigkeit. Denn vor allem Mädchen und Jugendliche aus bildungsfernen Haushalten seien bei Fächern wie Physik, Chemie oder Informatik unterrepräsentiert. Zum anderen sollten in dem interdisziplinären Projekt neue Ansätze aufgespürt werden, um gegen den Nachwuchsmangel in den Naturwissenschaften anzusteuern, schilderte die Expertin.

Damit man also herausfindet, wie Schülerinnen und Schüler am besten für Naturwissenschaften und konkret das Fach Physik zu begeistern sind, läuft eine sogenannte Interventionsstudie in ausgewählten Schulen an. Den Rahmen dafür bildet ein „Exzellenzcluster“: Kürzlich war das Projekt als eines von mehreren ausgewählt worden und erhält als internationale Spitzenforschung ab 2026 Fördermittel von Bund und Ländern. Einerseits sollen den Angaben zufolge für die Physik Grundlagen neuer Technologien erforscht, zugleich aber auch nachhaltiges Interesse bei mehr jungen Menschen geweckt werden.

Mehrere Ansätze, um Schülerschaft zu ermutigen

„Viele Schülerinnen und Schüler können sich nicht vorstellen, dass Physik interessant ist und etwas mit ihrem Leben zu tun hat“, erläuterte die Dortmunder Wissenschaftlerin. Es gebe zudem sehr viele junge Menschen, die glaubten, dass aufgrund ihrer persönlichen Merkmale – weiblich, mit Migrationshintergrund oder aus nicht privilegiertem Umfeld – Physik für sie gar nicht infrage komme. Hier wolle man in der Studie ansetzen.

So werde man mit positiven Vorbildern aus diesen unterrepräsentierten Gruppen arbeiten, mit denen sich die jungen Leute identifizieren könnten, schilderte McElvany. Es gehe auch darum, den Nutzen von Physik für das eigene Leben herauszuarbeiten. Fachtexte sollten bei Inhalt und Sprache „für Schüler optimiert“ werden.

„Diese Interventionen zielen also einerseits auf die Selbstbilder der jungen Menschen ab, andererseits auf ihr Bild von Physik.“ Es handele sich um ein „experimentelles Design“ – man werde Schlussfolgerungen ziehen können, was wirke und was nicht.

Der Blick geht weit über das Fach Physik hinaus 

Es gehe los in den neunten Klassen in 45 Schulen in Berlin, Bayern und Sachsen-Anhalt. Die Jugendlichen sollen bis zu ihrem Schulabschluss begleitet werden, danach sei mindestens eine Nachbefragung geplant. Die Ergebnisse der Studie zum Fach Physik könnten dann auf andere Fächer übertragen und in den Unterricht integriert werden, betonte die Bildungsexpertin. „Dann können zukünftig mehr jungen Menschen ihre Potenziale entfalten und gleichzeitig wirken wir dem Fachkräftemangel entgegnen.“

Neben der TU Dortmund sind die Unis in Halle und Regensburg und die FU Berlin beteiligt.