Rund 400.000 Euro jährlich soll Gerhard Schröder als Verwaltungsratschef der Pipeline-Firma Nord Stream 2 erhalten. Die Sparkasse Hannover hat den Zahlungseingang verweigert.
Kaum ein energiepolitisches Vorhaben ist so umstritten, wie die Gas-Pipeline Nord Stream 2. Zumindest aus heutiger Sicht. Die Leitung sollte russisches Erdgas direkt nach Mecklenburg-Vorpommern befördern. In Betrieb ging sie nie. Doch ihr politischer Mitinitiator, Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), erhielt für sein Engagement als Verwaltungsratspräsident der Betreibergesellschaft mit Sitz im schweizerischen Kanton Zug stets seine Vergütung. Laut „Bild“ halbjährlich rund 200.000 Euro. Dem Bericht zufolge komme das Geld jedoch seit einigen Monaten nicht mehr auf Schröders Konto bei der Sparkasse Hannover an.
Gerhard Schröders Geldeingang gestoppt
Wie jetzt bekannt wurde, soll die Sparkasse bereits seit Mitte letzten Jahres die entsprechenden Zahlungseingänge der luxemburgischen Niederlassung der russischen Gasprombank zurückgewiesen haben. Eine geschäftspolitische Vorsichtsmaßnahme, die viele Finanzhäuser hierzulande vornehmen. Man fürchtet, andernfalls von Sanktionen der USA und anderer Länder getroffen zu werden.
Das US-Finanzministerium hatte die Gasprombank am 21. November 2024 mit Sanktionen belegt, inklusive deren Ableger in Luxemburg und Zypern. Zur Begründung hieß es, dass das größte russische Geldhaus vom Kreml kontrolliert sei, etwa zur Soldzahlung an das Militär und für den internationalen Waffenankauf genutzt werde. Zudem schrieb der Kreml vor, Rechnungen für Öl- und Gaslieferungen ausschließlich über die Gasprombank zu begleichen. Diese Pflicht hob der Kreml als Reaktion auf die Sanktion noch im Dezember 2024 auf. An welche Bank(en) die Kundschaft der Russen seither ihre Energie-Rechungen bezahlt, ist nicht bekannt. Unklar ist nach demselben Muster auch, ob Gerhard Schröder sein Nord Stream-Salär mittlerweile von einer anderen, bislang nicht sanktionierten Bank nach Hannover überwiesen bekommt. Oder auf ein Konto bei einer anderen Bank, wo auch immer gelegen. Oder man zahlt in bar.
Den US-Sanktionen gegen die Gasprombank hatten sich unter anderem Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland angeschlossen. Nicht aber die Europäische Union. Bis jetzt.
EU erwägt Betriebsverbot
Die EU arbeitet derzeit an einem neuen, dem 18. Sanktionspaket gegen Russland. Vorgesehen sei auch ein Betriebsverbot der Nord Stream-Pipelines, wie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas bestätigt hat. Womöglich auch, um amerikanische Interessen auszubremsen. In Medienberichten war spekuliert worden, dass US-Akteure Interesse an der Übernahme des Betriebs der Nord Stream-Pipeline haben könnten. Ob sich die EU auch den Sanktionen gegen die Gasprombank anschließt, ist offen. Lange hatte man befürchtet, dass eine solche Maßnahme die Energiepreise antreiben könnte. Aus Brüsseler Kreisen heißt es jetzt, dass im neuen Sanktionspaket auch Finanzbeziehungen auf der Agenda stehen könnten.
Derweil verteidigte Gerhard Schröder vergangene Woche die energiepolitische Zusammenarbeit seiner damaligen Regierung mit Russland. Erdgas und Pipelines seien umweltfreundlicher als schwerölangetriebene LNG-Tanker, schrieb Schröder an einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Schweriner Landtag.
Die Nord Stream 2 AG, vollständig in Besitz des russischen Staatsenergiekonzerns Gasprom, vermied am 9. Mai dieses Jahres die Insolvenz. In einem bei den Schweizer Behörden eingereichten Nachlassvertrag wurde eine Sanierung per Schuldenschnitt vorgelegt. Durch dieses Vorgehen vermeidet die Firma das Neuaufsetzen des bislang nicht abgeschlossenen Genehmigungsverfahrens für die Pipeline. Wie sich ein EU-Betriebsverbot auswirken würde, bleibt abzuwarten. Ebenso, ob ein Unternehmen, dessen Geschäftszweck untersagt wäre, weiter Vergütung an ihren Verwaltungsratspräsidenten zahlen kann – oder darf. Es gilt Schweizer Wirtschaftsrecht.