Der Fuldaer Bischof schätzt Papst Leo XIV. als aufmerksamen Zuhörer und Brückenbauer. Dass der gebürtige US-Amerikaner „auf drei Kontinenten zu Hause ist“, biete große Chancen.
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber sieht Chancen für eine Fortsetzung der Reformbemühungen der katholischen Kirche in Deutschland auch unter Papst Leo XIV. „Die Einschätzung einiger Beobachter, dass es für die deutschen Bischöfe auf ihrem synodalen Weg mit dem neuen Papst nicht leichter wird, teile ich ausdrücklich nicht“, sagte er in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Gerber ist auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
Für seine Einschätzung nennt Gerber zwei Gründe. „Erstens war der jetzige Papst als Kardinal in die Gesprächsformate eingebunden, die die deutschen Bischöfe mit dem Vatikan haben. Dabei habe ich ihn als wirklich aufmerksamen Zuhörer erlebt“, erklärte der Bischof.
„Weltbewegendes Ereignis“
Zweitens gebe es den Auftrag der Weltsynode, Formen des gemeinsamen Beratens und Entscheidens in den einzelnen Ländern vor dem Hintergrund der jeweiligen kulturellen Prägung zu entwickeln. Die deutschen Bischöfe seien im regelmäßigen Austausch mit den entscheidenden römischen Stellen.
Gerber war vor einer Woche persönlich bei der feierlichen Amtseinführung von Papst Leo in Rom. „Bei diesem weltbewegenden Ereignis sind sich Politikerinnen und Politiker persönlich begegnet, die sich ansonsten eher wenig zu sagen haben“, sagte er. „Das zeigt: Wir als Kirche können einen Ort der Begegnung ermöglichen zwischen Menschen, die sonst eher selten zusammenkommen.“
„Eine große Chance für die Menschheit“
„Ich habe einen Papst erlebt, dem man anmerkt, dass er auf drei Kontinenten zu Hause ist. Wir haben in Leo XIV. einen Papst, der eine interkulturelle Kompetenz hat“, betonte Gerber. Dies sei heute angesichts der großen Spannungen weltweit „sehr wichtig, eine große Chance für die Menschheit“. Leo wuchs in den USA auf, arbeitete vor seiner Wahl viele Jahre in Südamerika und zuletzt als Kardinal im Vatikan.
Der Fuldaer Bischof lernte den jetzigen Papst vor etwa eineinhalb Jahren – damals noch als Kardinal – bei einer Konferenz persönlich kennen und sprach bei dieser Gelegenheit auch mit ihm. „Ich habe ihn als sensiblen Zuhörer und als sehr wertschätzend erlebt“, erinnerte er sich.
Papst als Brückenbauer
Gerber sieht das neue Oberhaupt der katholischen Kirche als „Brückenbauer“. Das betreffe den politischen Bereich etwa als Vermittler zwischen Kriegsparteien. Mit seiner Namenswahl habe der jetzige Papst zudem an Papst Leo XIII. angeknüpft, der die soziale Frage zu einem wichtigen Anliegen der Kirche gemacht hatte.
„Leo XIII. hatte erkannt, dass der klassische Weg der Kirche in der Armenfürsorge allein nicht reicht“, sagte der Fuldaer Bischof. „Wir müssen uns auch die Frage nach strukturellen Ursachen stellen und damit nach einer gerechten politischen und ökonomischen Ordnung.“