Im Bürgerhaus, auf der Straße oder auf dem Wochenmarkt: Die Bezirkspolizistinnen und -polizisten sollen nahe an den Menschen sein. Doch wie genau arbeiten sie?
Mit einem Pilotprojekt soll die Polizei in Rheinland-Pfalz näher an die Bürgerinnen und Bürger kommen. Der sogenannte Bezirksdienst der Polizei soll neu ausgerichtet werden und dadurch einen intensiveren Kontakt zu den Menschen bekommen, teilte das rheinland-pfälzische Innenministerium mit. Doch was genau heißt das?
Was soll sich bei der Bezirkspolizei jetzt ändern?
Es sei die Idee vom Schutzmann von früher, aber in einem modernen Polizeigewand, sagte Innenminister Michael Ebling (SPD) in Simmern. Man wolle die polizeiliche Arbeit an der Stelle stärken, wo die Schnittstelle zu den Bürgerinnen und Bürgern am größten sei: „Einfach da, wo sie wohnen, im Quartier, im Revier.“
Wie genau arbeitet der Bezirksdienst?
Der neu aufgestellte Bezirksdienst soll sich auf drei Säulen stützen, sagte Ebling. Es gehe um die ermittelnde, aufsuchende und erkennende Komponente.
Ermittelnde Komponente: Die Beamtinnen und Beamten sollen auch weiterhin zielgerichtet ermitteln und Hinweisen nachgehen. Die Nähe zu den Menschen soll etwa durch bessere Szenekunde dabei helfen.Aufsuchende Komponente: Die Polizei solle stärker dort hingebracht werden, wo sie gebraucht werde, sagte Ebling. „Und zwar nicht nur auf Anruf, sondern auch proaktiv.“Erkennende Komponente: Die Bezirksbeamtinnen und -beamten verfügen über gewachsene Orts- und Personenkenntnisse in ihrem Bereich. „Sie kennen sich einfach aus“, sagte Ebling. Sie seien Expertinnen und Experten, um frühzeitig Entwicklungen zu erkennen.
Konkret heißt das: Die Beamtinnen und Beamten sollen konkrete Ermittlungen in ihrem Bezirk durchführen, aber auch einfach Streife laufen, präsent und ansprechbar sein und sich dadurch ein Netzwerk aufbauen.
Wie genau sieht so ein Arbeitstag dann aus?
Anne Münkers Tag beginnt auf der Dienststelle. Die 40-Jährige ist Bezirkspolizistin in Simmern. Dort schaue sie zunächst, was in der Nacht passiert sei und ob etwas sofortiges Handeln erfordere, sagte sie.
„Wir ermitteln dann natürlich auch. Wir führen Telefonate, checken E-Mails oder führen Vernehmungen durch, fahren dann aber auch wirklich gezielt in den Bezirk rein“, erklärte Münker. Dort gebe es vielfältige Aufgaben. „Da können wir dann entweder ermitteln vor Ort, Anschriften überprüfen, Nachbarschaftsbefragungen durchführen oder eben auf Fußstreife gehen und einfach nur präsent sind.“
So seien sie etwa auch auf den Wochenmärkten oder Veranstaltungen im Bezirk vor Ort. Es sei nicht nur „aufnehmen und abgeben“ wie vorher in ihrem Wechselschichtdienst, sagte sie. „Sondern ich kann dann halt tiefer und weiter in die Ermittlungen einsteigen und bin dann halt natürlich auch mit den Personen betraut.“
Das habe sie auch in einem Fall mit häuslicher Gewalt gemerkt, wo sie eine Frau betreue. „Die auch, glaube ich, großes Vertrauen zu mir mittlerweile aufgebaut hat.“ Da merke man einen positiven Effekt.
Wo gibt es das neue Konzept schon und was bedeutet das?
Das Konzept wird seit Ende März in fünf Polizeiinspektionen im Land erprobt. An der Pilotphase nehmen Worms, Simmern, Schifferstadt, Bitburg und Zweibrücken teil. Nach der Pilotphase sollen die Ergebnisse und Erfahrungen ausgewertet und das Konzept voraussichtlich landesweit umgesetzt werden.
Die „anlassunabhängige Präsenz“ solle gestärkt werden, hieß es. Das bedeutet, dass die Bezirkspolizistinnen und -polizisten öfter weg vom Schreibtisch und in ihre Bezirke gehen sollen – ohne konkreten Anlass. Dafür sei auch intern einiges umstrukturiert worden, sagte Ebling.
Wie viele Bezirkspolizistinnen und -polizisten gibt es?
Momentan seien 431 Menschen dem Bezirksdienst zugeordnet, sagte Ebling. Die Orientierungsgröße sei 1:10.000, also ein Bezirksbeamter auf 10.000 Bürgerinnen und Bürger, sagte Friedel Durben, Inspekteur der Polizei. In Simmern etwa habe das ganz gut geklappt.
Was sind die Ziele des neuen Konzepts?
Ein wichtiges Ziel ist laut Ebling, die Netzwerkarbeit auszubauen und die Nähe zu den Menschen zu steigern. „Präsenz zeigt Wirkung, das wissen wir. Wer sichtbar ist, wer ansprechbar ist, der gibt auch Sicherheit“, sagte der Innenminister. „Das ist ein ganz zentrales Anliegen, wir wollen, dass die Menschen sich auch sicher fühlen.“
Auch sei es für die Polizei wertvoll, vor Ort ein Gespür für Veränderungen zu bekommen – etwa wenn es in einem Bezirk vermehrt zu Sachbeschädigungen komme, hieß es. Durben nannte die Bezirksbeamtinnen und -beamten „Seismograph“.
Anne Münker findet es wichtig, „viel präsenter draußen sein“ zu können und „wieder an die Basis, zu den Bürgern rangehen“ zu können. „Natürlich gibt es immer welche, die negativ der Polizei gegenüber eingestellt sind“, sagte sie. Auch das könne durch Bezirksbeamte vielleicht in eine andere Richtung geführt werden.