Handyverbot in der Schule? Bremen macht es, Hessen plant es – und Niedersachsen diskutiert. Warum Kultusministerin Hamburg bremst.

In der Debatte um die Handynutzung an Schulen lehnt Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg pauschale Verbote ab. Besser seien klare Empfehlungen. „Die Rufe nach pauschalen Handynutzungsverboten greifen aus meiner Sicht zu kurz“, sagte die Grünen-Politikerin. Handlungsempfehlungen könnten den Schulen dagegen Rechtssicherheit geben. 

„Zugleich halte ich Alleingänge von Ländern für nicht zielführend“, sagte Hamburg. Sie setze sich für bundesweit einheitliche Empfehlungen ein. „Wir werden das entsprechend mit Nachdruck vorantreiben.“ Was gesund oder ungesund für Kinder sei, unterscheide sich nicht in den Ländern. 

Die Ministerin hatte bereits mehrfach betont, dass Grundschulkinder aus ihrer Sicht noch kein Handy benötigten. Die Grünen-Politikerin befürwortet zudem eine Altersgrenze von mindestens 14 Jahren für die Nutzung von Social Media.

Diskussion im Landtag

Im Landtag brachten die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen einen Antrag ein, mit dem sie eine Prüfung fordern, ob es einer landesweit einheitlichen Einschränkung der Handynutzung an Grundschulen bedarf.

„Wir wollen die Schulen bei dem Thema nicht alleine lassen, sondern Wege aufzeigen, wie sie – unter Beteiligung von Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften – zu klaren Regeln kommen können“, sagte die SPD-Kultuspolitikerin Kirsikka Lansmann. Gleichzeitig wolle man Schulen mehr Raum für Eigenverantwortlichkeit geben.

Rot-Grün fordert auch eine Stärkung der Medienkompetenz und das Erlernen eines sicheren Umgangs mit der Flut von digitalen Inhalten. „Medienkompetenz beginnt bei den Kleinsten, im Kleinen, mit diesen kleinen Geräten, und wir wissen, wie wichtig sie ist“, sagte der Grünen-Abgeordnete Pascal Mennen.

Der CDU-Politiker Lukas Reinken kritisierte: „Es gibt nicht eine einzige konkrete, verbindliche Aussage in dem Antrag.“ Keiner Schule und keinem Schüler sei damit geholfen, dass Rot-Grün prüfe, ohne eine Entscheidung zu treffen. Reinken forderte klare Regelungen an den Grundschulen und eine starke, von der Ministerin unterstützte Eigenverantwortlichkeit in weiterführenden Schulen.

Verband kritisiert Ministerin

Auch der Verband Bildung und Erziehung in Niedersachsen kritisierte die Landesregierung. Das Kultusministerium habe sich bisher um das Thema Handynutzung gedrückt und stattdessen auf die Entscheidungsfreiheit der Schulen hingewiesen. „Die Schulen fühlen sich oft bei dem Thema überfordert und alleingelassen“, sagte der Landesvorsitzende Franz-Josef Meyer. Zu Recht erwarteten sie konkrete Handlungsempfehlungen. „Da ist der Antrag viel zu zögerlich.“ 

Meyer fordert ein Handyverbot in Grundschulen. In den Jahrgängen 5 bis 10 sollten die Handys im Unterricht und in den Pausen im Schulranzen bleiben. In der Oberstufe hingegen solle die Nutzung außerhalb des Unterrichts in bestimmten Zeiten und Bereichen erlaubt sein.

Gewerkschaft will rechtssicheren Rahmen

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist für ein Handyverbot an Grundschulen, wie der Landesvorsitzende Stefan Störmer sagte. „Grundsätzlich können allerdings schon heute Schulen selbst entscheiden, inwieweit sie die Nutzung von Smartphones und anderen digitalen Endgeräten einschränken.“ Es sei aber wichtig, dass das Kultusministerium in dieser Frage einen rechtssicheren Rahmen schaffe.

Landesschülerrat sieht Verbot kritisch

Der Landesschülerrat sprach sich gegen ein pauschales Handyverbot aus. „Ein Verbot bis in den späten Nachmittag hinein verkennt, dass Handys und andere digitale Geräte heutzutage nicht nur der Unterhaltung dienen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Eduard Hillgert. 

Viele nutzten ihre Handys, um mit ihren Eltern zu kommunizieren oder sich auf den nächsten Schultag vorzubereiten. „Während des Unterrichts sollte das Handy nicht genutzt werden, in der Pause jedoch schon“, sagte Hillgert. Zudem würde ein generelles Verbot den problematischen Medienkonsum lediglich in die Freizeit verlagern. Das Erlernen von Medienkompetenzen habe einen viel zu geringen Stellenwert in den Schulen.

Lehrkräfte wollen strukturelle Unterstützung „von oben“

Mehr Medienbildung – das will auch der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte, der von einem generellen Handyverbot wenig hält. Schon von der 1. Klasse an sollten Schülerinnen und Schüler lernen, kompetent und verantwortungsvoll mit digitalen Geräten umzugehen, sagte der Vorsitzende Torsten Neumann. 

Dabei seien auch die Eltern gefordert. „Schule kann das nicht alleine bewältigen“, sagte Neumann. „Bundesweit einheitliche Regelungen wären sicherlich nützlich, aber werden kaum realisierbar sein.“

In Bremen und Hessen kommen Verbote

In der Stadt Bremen sind vom 1. Juni an Handys an Grundschulen und weiterführenden Schulen bis zur 10. Klasse verboten. In Hessen plant die Landesregierung, die private Nutzung von Handys, Tablets und Smartwatches an allen Schulen von August an grundsätzlich zu verbieten.