In der jüngsten Folge ihrer Show schlägt Carolin Kebekus überraschend ernste Töne an. Es geht um strukturellen Rassismus innerhalb der deutschen Polizei – und den Tod von Lorenz A.
Dass ausgerechnet eine Comedienne ein so wichtiges Thema anschneidet wie strukturellen Rassismus innerhalb der deutschen Polizei, ist überraschend. Dessen ist sich Carolin Kebekus bewusst. „Leute, ich weiß, was ihr jetzt denkt: Muss sie das machen? So ein schweres Thema. Kann sie nicht wieder Pupsgeräusche machen wie bei ‚LOL'“, scherzt Kebekus gegen Ende der aktuellen Folge ihrer „Carolin Kebekus Show“ in der ARD. „Und ihr habt ja recht: Ich bin keine Talkshow-Moderatorin. Das können andere Leute besser als ich! Machen sie nur bisher nicht“, sagt sie.
Carolin Kebekus nimmt sich Rassismus innerhalb der Polizei vor
Zu Beginn der Episode ähnelt die Show noch den meisten anderen Folgen. Kebekus macht Trump-Witze, spricht über ihren 45. Geburtstag und über den möglichen Aufstieg des 1. FC Köln. Doch irgendwann schwenkt sie um. Auf ein Thema, das ihr und vielen anderen Menschen zufolge viel zu wenig Beachtung erhält: Rassismus und Racial Profiling innerhalb der Polizei.
„Es ist ja schön, dass ich als weiße deutsche Mutter keine Angst vor der Polizei haben muss. Und mir sicher sein kann, dass mein Kind heil nach Hause kommt, sollte – Gott bewahre – mal irgendwas sein“, so Kebekus. Dann kommt sie auf den Fall von Lorenz A. aus Oldenburg zu sprechen. In der Nacht zum Ostersonntag hatte ein Polizist den 21-jährigen Schwarzen in der Oldenburger Innenstadt erschossen. Die Schüsse trafen den jungen Deutschen von hinten, er starb an den Verletzungen. Der Schütze wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Dienst suspendiert. Gegen ihn läuft ein Verfahren wegen Totschlags.
„Das Obduktionsergebnis zeigt: Lorenz wurde mit mindestens drei Schüssen getroffen. Und zwar: von hinten“, erzählt Kebekus. Anfängliche Berichte, Lorenz A. habe die Polizei mit einem Messer bedroht, wurden wenig später korrigiert. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Eine Aufklärung ist schwierig, nicht zuletzt, weil die Bodycams der Beamten zum Zeitpunkt des Vorfalls ausgeschaltet waren.
Sie fordert Aufklärung
„Wir müssen endlich über Rassismus reden. Über Racial Profiling, über rechtsextreme Chatgruppen und über gefestigte rassistische Strukturen in der Polizei“, betont Kebekus. „Und damit das einmal gesagt ist: Natürlich handelt nicht jeder Polizist und jede Polizistin rassistisch. Und wir stellen hier auch keinen ganzen Berufszweig unter Generalverdacht. Rassismus ist ein gesellschaftliches Problem, das uns alle beschäftigen muss“, so die Komikerin. „Und deshalb müssen wir gerade bei der Institution, die für die Sicherheit ALLER Menschen in diesem Land zuständig ist, die höchsten Maßstäbe ansetzen.“
Carolin Kebekus und ihre Gäste des Abends: Julia Duchrow, Generalsekretärin bei Amnesty International, Ikram Errahmouni Rimi, Referentin für Vielfalt und Antidiskriminierung bei der Polizei Bremen sowie Etris Hashemi, Autor und politischer Aktivist
© Ben Knabe/WDR
Das Problem: Die Aufarbeitung der Fälle führe die Polizei meist selbst durch, erklärt Kebekus und zieht den Vergleich mit der Katholischen Kirche, die ähnlich vorgeht. „Ich würde mal sagen, das läuft in beiden Fällen eher mittelprächtig“, scherzt sie und begrüßt anschließend ihre Gäste des Abends: Julia Duchrow, Generalsekretärin bei Amnesty International, Ikram Errahmouni Rimi, Referentin für Vielfalt und Antidiskriminierung bei der Polizei Bremen sowie Etris Hashemi, Autor und politischer Aktivist. Und obwohl Kebekus selbst von sich sagt, sie sei keine Talkshow-Moderatorin, erinnert die kurze Diskussion an die vielen politischen Talkshows im Fernsehen. Nur eben über ein Thema, das oft zu kurz kommt.
„Auch Mütter und Väter von nicht-weißen Kindern haben ein verdammtes Recht darauf, dass ihre Söhne und Töchter unbeschadet nach Hause kommen“, sagt Kebekus eindringlich. „Lorenz hatte letzten Sonntag Geburtstag. Am Muttertag. Er wäre 22 geworden. Wir haben mit seinen Angehörigen gesprochen und sie fordern vor allem: eine lückenlose Untersuchung und ein gerechtes Verfahren. Und auch dafür braucht es unsere Aufmerksamkeit und Lautstärke.“ Richtig laut wird es dann tatsächlich am Ende der Sendung. Die Kölner Punk-Band Grenzkontrolle spielt ihren etwas abgewandelten Song „Revolution“. Auf der Leinwand hinter ihnen groß eingeblendet steht: „Lorenz A. Sagt seinen Namen.“
Die aktuelle Ausgabe der „Carolin Kebekus Show“ ist heute um 23:35 Uhr im Ersten und ab 20.15 Uhr in der ARD Mediathek zu sehen.