Immer wieder wurden zuletzt Buckelwale vor der deutschen Ostsee-Küste gesehen. An der Nordsee wurden mehrfach tote Wale geborgen, unter anderem auf Sylt.

Fernab von ihren eigentlichen Lebensorten in tieferen Gewässern sind zuletzt immer wieder Wale vor den Küsten von Nordsee und Ostsee entdeckt worden. Allein in diesem Jahr wurden bereits drei Wal-Kadaver aus der Nordsee geborgen, zuletzt am Wochenende am Strand von Sankt Peter-Ording. 

Der zehn Meter lange Buckelwalbulle war laut Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer rund 800 Meter südlich der Seebrücke im Ortsteil Bad angespült und an Land gebracht worden. Vor der unbewohnten Insel Minsener Oog südöstlich von Wangerooge war Ende Februar ein toter Buckelwal gestrandet – vermutlich ein unterernährtes Jungtier. 

Buckelwale leben weltweit in allen Ozeanen. Im Sommer halten sie sich bevorzugt in kälteren Meeren wie dem Nordatlantik auf, im Winter wandern sie zu ihren Fortpflanzungsgebieten in tropische und subtropische Regionen.

Experten: Mehr Sichtungen und Strandungen

„Generell haben die Strandungen und Sichtungen der Tiere in den vergangenen 20 Jahren zugenommen“, sagte Joseph Schnitzler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum, der Nachrichtenagentur dpa. Ein Grund sei, dass die weltweite Buckelwal-Population stetig wachse, unter anderem, weil die Waljagd ausgesetzt wurde. „Wenn es mehr Tiere gibt, kann man auch mehr Tiere sehen.“ Sind darunter kranke Wale, verenden diese eben auch in der Nordsee und werden dort entdeckt.

Sylt-Wal wird weiter untersucht

Ein 14,3 Meter langer, tonnenschwerer Pottwal-Kadaver war Mitte Februar in Hörnum aus der Nordsee geborgen, zerlegt und von Sylt auf das Festland gebracht worden. Proben des Walbullen untersuchen Experten des ITAW, das zur Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover gehört. Dadurch soll herausgefunden werden, warum sich das Tier in die relativ flache Nordsee verirrt hat und in welchem Zustand es war.

„Bei Buckelwalen ist es ein anderes Phänomen als bei Pottwalen, man muss zwischen den Arten differenzieren“, sagte Schnitzler. Im Gegensatz zu Buckelwalen, die in seichtem Wasser recht gut zurechtkämen, könne das für Pottwale tödlich sein. Wenn sie sich in flache Bereiche verirren, stranden sie laut Schnitzler fast immer. Der auf Sylt geborgene Pottwal sei vermutlich vom eigenen Gewicht erdrückt worden. 

Es gebe verschiedene Hypothesen, warum Wale sich in der Nordsee verirren, sagte Schnitzler – etwa gestörte Magnetfelder und der Schiffsverkehr. Aber schon in früheren Zeiten verirrten sich immer wieder Wale in dieses Gewässer.

Wal-Massenstrandung 2016

Eine erneute Häufung wie 2016, als 30 Pottwale hier verunglückten, davon 12 im deutschen Wattenmeer, erwartet Schnitzler nicht. „Der Pottwal auf Sylt war ein Einzelfall. Wenn es Massenstrandungen gibt, dann verenden meist viele Tiere gleichzeitig.“ Zudem passiere das meist im Frühjahr, die typische Zeit von Massenstrandungen sei in diesem Jahr bereits vorbei. 

Geraten Wale in die flacheren Randbereiche der Nordsee, funktioniert ihr Ortungssystem nicht mehr so gut. Pottwale, die weit über 2.000 Meter tief tauchen können, orientieren sich hauptsächlich über ein Echoortungs-System, das auf große Tiefen ausgelegt ist.

Buckelwale nehmen Abkürzungen

Seit Jahresbeginn wurden in der Ostsee immer wieder Wale gesehen. „Das ist nicht ungewöhnlich, dass sie auf ihren Routen in Küstennähe kommen – das ist grundsätzlich eine gute Nachricht“, so Schnitzler. Auf ihrem Weg von der irischen Küste in Richtung nördlicher Gewässer bei Norwegen nehmen die Buckelwale demnach Abkürzungen durch die Nordsee. 

Dass sie trotz eher wenig Nahrung in der Ostsee in diese Gefilde schwimmen, überrascht den Experten. Er vermutet, dass die Tiere aufgrund der gewachsenen Population neue Orte suchen. 

Wal-Sichtungen in der Ostsee

Feuerwehrleute hatten am Donnerstag einen Buckelwal nur etwa 800 Meter vor Ahrenshoop (Mecklenburg-Vorpommern) entdeckt. Experten des Deutschen Meeresmuseums Stralsund, dem Kompetenzzentrum für Meeressäuger in der Region, bestätigten die Sichtung.

Auch bei einer Sichtung am Ostermontag nahe Hiddensee vermuten die Fachleute anhand eines Videos, dass es ein junger Buckelwal war. Es handele sich nach aktuellem Stand nicht um dasselbe Tier wie in Ahrenshoop, sagte eine Sprecherin des Meeresmuseums der dpa. Zuerst hatte die Ostseezeitung von den beiden Fällen berichtet. 

Bei Travemünde war in der vergangenen Woche ein Wal gesehen worden. Die Leiterin der Nabu-Landesstelle Ostseeschutz geht anhand von Videoaufnahmen davon aus, dass es sich wahrscheinlich um einen jungen Buckelwal handelt. Zuvor hatte der NDR berichtet.