Die geplante Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler gerät zum Debakel. Berlins Regierungschef Wegner weiß, wie sich das anfühlt – und hat eine klare Forderung.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) fordert trotz der zunächst gescheiterten Kanzlerwahl im Bundestag eine rasche Regierungsbildung. „Ein zweiter Wahlgang muss nun zügig erfolgen. Die politische Unsicherheit der vergangenen Jahre darf sich nicht fortsetzen“, erklärte Wegner. „Die Koalitionsparteien stehen gemeinsam in der Pflicht, ihr Versprechen einzulösen – mit einer stabilen, handlungsfähigen Regierung.“
Das Scheitern von Friedrich Merz (CDU) im ersten Wahlgang markiere keinen guten Start für die Koalition aus CDU, CSU und SPD, so Wegner. „Der Koalitionsvertrag trägt den Titel „Verantwortung für Deutschland“ – und genau das ist jetzt gefordert.“ Alle Abgeordneten der Koalition müssten sich dieser Verantwortung bewusst sein. „Es ist keine Zeit für Machtspielchen Einzelner auf Kosten der Stabilität unseres Landes. Deutschland und Europa brauchen jetzt Klarheit und Verlässlichkeit.“
Wegner hatte auch schwierigen Start
Wegner weiß, wie sich Merz jetzt wohl fühlt, denn sein Start als Regierender Bürgermeister war am 27. April 2023 holprig. Erst im dritten Wahlgang bekam der CDU-Landesvorsitzende im Abgeordnetenhaus die nötige Mehrheit.
Auch Berlins Vize-Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) appellierte an alle Beteiligten im Bundestag, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. „Ich hoffe sehr, dass jetzt ein Weg gefunden wird, der ermöglicht, dass wir bald eine stabile und handlungsfähige Bundesregierung haben“, sagte die Wirtschaftssenatorin nach der Senatssitzung vor Journalisten.
„Ich halte das gerade in diesen Zeiten, gerade auch in der Woche des Gedenkens an 80 Jahre Kriegsende, für extrem wichtig, dass das Signal gesetzt wird aus Deutschland, aus der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, dass wir hier in der Lage sind, eine handlungsfähige, stabile Bundesregierung aufzustellen.“
Sie hoffe, so Giffey, dass alle dieser Verantwortung gewahr seien und bald ein weiterer Wahlgang Klarheit bringe. „Das wäre nicht nur für Deutschland im Inneren, sondern auch für das, was im internationalen, im europäischen Kontext von uns erwartet wird, sehr, sehr wichtig.“
Schwerer Rückschlag für Merz
CDU-Chef Merz erlitt zuvor auf dem Weg ins Kanzleramt überraschend einen schweren Rückschlag: Der 69-Jährige scheiterte bei der Wahl im Bundestag im ersten Wahlgang. Das ist in der Geschichte der Bundesrepublik in der Form ein Novum. Merz erhielt in geheimer Abstimmung 310 von 621 abgegebenen Stimmen und damit 6 weniger als die nötige Mehrheit von 316. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben zusammen 328 Sitze im Parlament. Einen zweiten Wahlgang im Bundestag soll es noch heute geben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Fraktionskreisen. Demnach soll um 15.15 Uhr erneut gewählt werden.