Gleicher Lohn für gleiche Arbeit lautet das Motto. Doch selbst wenn die Politik sich für Lohngerechtigkeit einsetzt, bekommt nicht einmal jede Bürgermeisterin so viel Geld wie Männer vor und nach ihr.
Im Kampf um gleiche Bezahlung für Frauen und Männer bei gleicher Arbeit hat die frühere Bürgermeisterin des Schwarzwald-Kurorts Todtmoos einen Erfolg vor Gericht erzielt. Das Verwaltungsgericht Freiburg verurteilte die Gemeinde unter anderem dazu, Janette Fuchs mehr als 36.500 Euro Schadenersatz und eine Entschädigung von 7.000 Euro zu zahlen. Das sagte Fuchs‘ Anwalt Jörg Düsselberg der Deutschen Presse-Agentur.
Kein Einzelfall
Die Gemeinde Todtmoos will sich nach Auskunft von Bürgermeister Marcel Schneider erst äußern, wenn ein schriftliches Urteil vorliegt. Sie könnte in Berufung gehen. Fuchs‘ Fall ist nicht der einzige seiner Art.
Düsselberg hatte vor zwei Jahren schon erfolgreich für die frühere Müllheimer Rathauschefin Astrid Siemes-Knoblich vor Gericht gekämpft. Zwei weitere Bürgermeisterinnen hätten sich zu spät gemeldet. Zwischen dem Verdacht, diskriminiert worden zu sein, und der Klage dürften nur acht Wochen vergehen, erklärte der Rechtsanwalt. „Ich denke, dass es da durchaus noch Fälle gibt.“ Die Frauen müssten sich auch trauen, den juristischen Weg einzuschlagen.
„Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit sollte selbstverständlich sein“
Fuchs hat dies getan, als ihr Nachfolger direkt in die höhere von zwei möglichen Besoldungsgruppen eingruppiert wurde. Da „war für mich klar, dass ich nicht gleichgestellt wurde und dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht“.
Das Urteil schafft aus Sicht der 58-Jährigen Klarheit – sowohl für Frauen im öffentlichen Dienst als auch für die Arbeitgeber. „Ich denke, daraus haben alle etwas gelernt“, teilt sie. „Dennoch meine ich: Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit sollte selbstverständlich sein und nichts, wofür man vor Gericht ziehen muss.“
Von 2014 bis 2022 war sie parteilose Bürgermeisterin in Todtmoos, seither ist sie Pensionärin. Laut ihrem Anwalt Düsselberg bezieht sich der Schadenersatz auf die Differenz der Bezüge zwischen den Besoldungsgruppen A 14 und A 15 für etwas mehr als die Hälfte ihrer Amtszeit.
Wie läuft die Eingruppierung?
Wie viel ein Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin verdient, ist in Baden-Württemberg im Grunde im Landeskommunalbesoldungsgesetz geregelt. Je nach Bevölkerungszahl stehen in der Regel zwei Besoldungsgruppen zur Auswahl. Der Gemeinderat entscheidet über die Eingruppierung.
„Maßgebend ist dabei eine objektive, also amtsbezogene Bewertung des konkreten kommunalen Wahlamts“, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums in Stuttgart. „Hierbei sind ausschließlich die objektiven Anforderungen des Amtes zugrunde zu legen.“ Dabei gehe es auch um die individuelle Situation der Gemeinde, ihre besonderen Aufgaben und die damit verbundene Beanspruchung des Amtsinhabers oder der Amtsinhaberin.
Subjektive, rein auf die Person bezogene Gesichtspunkte dürften hier nicht mit einfließen, hieß es. Als Beispiele hierfür nannte die Sprecherin besonderes Engagement, individuelle Leistung oder Erfahrung – und eben das Geschlecht.
Derzeit keine Änderung geplant
Bei einer Wiederwahl gilt automatisch die höhere Besoldungsgruppe. „Diese Systematik hat sich unseres Erachtens insgesamt über viele Jahre bewährt“, teilte das Ministerium mit. Die gesetzlichen Regelungen sollten derzeit nicht verändert werden. Weitere Klagen oder Streitfälle seien nicht bekannt.
Im Fall von Janette Fuchs war es nach Angaben von Anwalt Düsselberg so, dass all ihre Vorgänger – wie auch der Nachfolger – schon bei der ersten Wahl sofort in die höhere der jeweils gültigen Besoldungsstufen eingruppiert worden waren. Zwar könne ein Gemeinderat dies nach der nächsten Wahl anders handhaben – dann müsse er es aber objektiv begründen, betonte der Jurist.
Gesetzliche Hilfe für Frauen
Das Entgelttransparenzgesetz ist aus seiner Sicht ein Ansatz, Ungleichheiten bei der Bezahlung zu beheben. Dieses Bundesgesetz soll vor allem Frauen dabei unterstützen, ihren Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit besser durchzusetzen. Beschäftigte haben damit unter anderem einen Anspruch, Auskunft über Entgelte zu bekommen. Es gebe aber gerade bei Spitzenkräften oft wenige Vergleichsmöglichkeiten, sagte Düsselberg.
Um künftig derartige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, empfiehlt Fuchs, die Stellen für das Amt des Bürgermeisters oder der Bürgermeisterin schon mit der vom Gemeinderat beschlossenen Besoldungsgruppe auszuschreiben. „Dann gibt es solche Fälle wie meinen gar nicht erst.“