Nach dem Tod von Papst Franziskus ist der oscarprämierte Film „Konklave“ wieder in aller Munde. Doch wie realistisch stellt Regisseur Edward Berger die Abläufe im Vatikan dar?

Eigentlich hatte „Konklave“ seinen großen Erfolg schon hinter sich. Der Film über die Wahl eines neuen Papstes kam im November in die Kinos, im März war er in acht Kategorien für den Oscar nominiert, holte den Preis schließlich für das beste adaptierte Drehbuch. 

Nun wurde Hollywood von der Realität eingeholt: Wie im Film des Regisseurs Edward Berger ist der Papst gestorben, ein neuer Pontifex wird gewählt. Der Streifen erhält dadurch eine unerwartete Aktualität. Die Streamingzahlen schießen nach oben, manche Kinos nehmen den Film wieder in ihr Programm auf. Und viele Zuschauer fragen sich: Wie realistisch sind die Darstellungen der Abläufe im Vatikan rund um den Tod des Papstes und die Wahl?

Der Tod des Pontifex

Nach dem Tod des Papstes kommt es im Film zu einem regelrechten Massenauflauf in dessen Gemächern. Neben mehreren Kardinälen sind auch Priester und Nonnen zu sehen. Dies entspricht nicht der Realität, in Wirklichkeit kommen nur der Camerlengo, der Kardinaldekan und womöglich noch weitere Personen aus dem engsten Kreis des Heiligen Vaters ans Sterbebett.

Eine Ungenauigkeit im protokollarischen Ablauf leistet sich das Drehbuch bei der Rolle von Ralph Fiennes als Kardinaldekan Thomas Lawrence. Der Kardinaldekan leitet das Konklave, ist aber nicht an der Bestätigung des Todes beteiligt. Das macht der Camerlengo (Kardinalkämmerer). Hier wurden zwei Funktionen in einer Rolle zusammengefasst.

Korrekt dargestellt ist hingegen die Szene, in der Fiennes den Fischerring des Papstes zerstört. Damit soll Missbrauch verhindert werden. Allerdings passiert dies nicht sofort, sondern erst später im Beisein der Kardinäle. Auch wird wie im Film die päpstliche Wohnung im Apostolischen Palast versiegelt. Fernab der Realität ist hingegen die Aufbahrung des Papstes im Schlafanzug.

Der unbekannte Kardinal

Es ist eine der entscheidenden Szenen im Film: Vor Beginn des Konklaves taucht plötzlich ein bislang unbekannter Kardinal auf und will an der Papstwahl teilnehmen. Der Papst hat ihn aus Sicherheitsgründen geheim („in pectore“) ernannt. Tatsächlich gibt es dieses Instrument, wenn der Kandidat beispielsweise in seinem Land Repressionen befürchten müsste.

Dass ein Kardinal aus dem Nichts auftaucht und am Konklave teilnimmt, würde wohl kaum passieren. „Wenn der Papst den Namen nicht bekannt gibt, hat dieser auch keine Pflichten oder Rechte“, sagte Kirchenrechtler Georg Bier von der Universität Freiburg dem Bayerischen Rundfunk. „Das wäre schlichtweg unmöglich“, bestätigte auch Kirchenhistorikerin Kathleen Sprows Cummings im „Guardian“.

Die Rolle des Kardinaldekans

Kardinaldekan Thomas Lawrence (Ralph Fiennes) organisiert das Konklave. Dabei nimmt er sich allerdings Freiheiten heraus, die ihm in der Realität nicht zustehen würden. So trifft er eigenmächtig Entscheidungen, über die während der Sedisvakanz (also der Zeit ohne Papst) eigentlich das Kardinalskollegium beraten müsste.

Vor allem aber lässt sich Lawrence während des Konklaves mit Informationen von außen versorgen. Dies ist in der Realität strengstens verboten, es wird sogar mit der Exkommunikation – dem Ausschluss aus der Kirche – bestraft. Auch missachtet der Dekan das Beichtgeheimnis.

Das Verhältnis der Kardinäle

In „Konklave“ ist die Papstwahl ein politischer Prozess: Es bilden sich Lager um Kandidaten, die bestimmte Richtungen vertreten. Pläne werden geschmiedet, Allianzen gebildet. Laut Kardinal Rainer Maria Woelki trifft das nur eingeschränkt zu. „Es kommt da nicht zu den großen emotionalen Ausbrüchen, wie es in dem Film dargestellt wird. Dass es im Vorkonklave schon mal etwas heftiger, etwas kontroverser zugeht, das kann ich mir vorstellen, und das ist ja auch gut so“, sagte der Kölner Kardinal der Deutschen Presse-Agentur. „So bringen wir die unterschiedlichen Perspektiven der Weltkirche zusammen und gehen dann gemeinsam auf den Weg der Entscheidungsfindung. Im Konklave selbst herrscht eine andere Stimmung.“

Theoretisch soll die Wahl der Kardinäle vom Heiligen Geist geleitet sein. Dennoch gibt es natürlich kirchenpolitische Überlegungen und Koalitionen. Auch für die bevorstehende Papstwahl gibt es einige Favoriten. Das Geschehen kann während des Konklaves aber eine ganz eigene Dynamik annehmen – so wie im Film.

Vatikan-Experte Marco Politi sagte im stern über die bevorstehende Papstwahl: „Es wird eines der qualvollsten Konklaven werden, die die Kirche je erlebt hat. Da sind die aggressiven Ultrakonservativen und ein großer Teil von Verängstigten, die sich Sorgen um die Zukunft der Kirche machen.“

Das Konklave

Wie im Film wohnen die Kardinäle im Gästehaus Santa Marta. Dort essen sie zusammen, feiern die heilige Messe und gehen täglich die etwa 500 Meter zur Sixtinischen Kapelle. Während des Konklaves leben die Kardinäle in kompletter Abgeschiedenheit. Auch das stellt „Konklave“ korrekt dar. „Da müssen alle elektronischen Geräte, alle Handys abgegeben werden. Und jeder bekommt sein eigenes Zimmer. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich beim letzten Mal mein eigenes Zimmer bezogen habe: Die Fenster waren versiegelt, die Fensterläden verschlossen. Ich hatte keine Möglichkeit, das Tageslicht zu sehen“, erzählt Kardinal Woelki.

Auch beim Wahlverfahren hat sich Regisseur Edward Berger weitestgehend an die Vorgehensweise im Vatikan gehalten. Jeder Kardinal schreibt seinen Kandidaten auf einen Zettel, mit möglichst verstellter Handschrift. Die Wahlzettel werden nach jedem Wahlgang verbrannt, dadurch entsteht der berühmte Rauch, der aus dem Schornstein der Sixtinischen Kapelle kommt.

Fazit

„Konklave“ stellt die Papstwahl in vielen Details richtig dar und vermittelt damit einen relativ realistischen Eindruck von den Vorgängen im Vatikan. Auch die Gebäude wurden recht realitätsgetreu nachgestellt. 

An entscheidenden Stellen aber nimmt sich der Film nach der Romanvorlage von Robert Harris erhebliche künstlerische Freiheiten. Dadurch weicht die Handlung deutlich von der Wirklichkeit ab. Teils um die komplexen Abläufe für den Zuschauer zu vereinfachen, teils um die Dramatik zu erhöhen. „Konklave“-Regisseur Edward Berger macht daraus allerdings keinen Hehl: „Film ist immer eine erschaffene Realität“, sagte er dem Sender Deutschlandfunk Nova.

Quellen: „Guardian“, Bayerischer Rundfunk, Katholisch.de, Nachrichtenagentur DPA, Deutschlandfunk Nova