Als Händler bei „Bares für Rares“ unterhält Walter Lehnertz ein Millionenpublikum. Im stern-Interview erzählt „Waldi“, wie er zu der Sendung kam, warum er jetzt einen Krimi geschrieben hat – und wann er die Trödelshow verlassen wird.
Herr Lehnertz, man könnte meinen, als Inhaber eines Antiquitätenladens in der Eifel und als regelmäßiger Gast bei „Bares für Rares“ seien Sie ausgelastet. Warum haben Sie jetzt noch ein Buch geschrieben?
Vor Jahren hat Horst Lichter gesagt: „Waldi, du musst ein Buch schreiben.“ Er dachte eigentlich an einen Sprachführer, „Deutsch-Eiflerisch, Eiflerisch-Deutsch“. Ein Buch zu schreiben war für mich nie ein Ding. Als Corona kam, war das Thema für mich eigentlich durch. Doch dann hat der Rowohlt Verlag bei meiner Holden angerufen und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, ein Buch zu schreiben.“Mord am Schätztag“ ist bereits der zweite Krimi von Waldi Lehnertz. Das Buch erscheint am 15. April 2025 bei Rowohlt Taschenbuch und kostet 14 Euro.
© Rowohlt
Wie haben Sie reagiert?
Ich hab direkt abgesagt: „Was soll ich denn mit einem Buch? Fängst du jetzt auch an wie der Lichter?“ Doch der Verlag hat Überzeugungsarbeit geleistet und mir das Konzept in Ruhe erklärt. Mir war wichtig: Wenn es ein Krimi wird, dann muss es authentisch sein.
Das Buch ist zusammen mit Co-Autorin Miriam Rademacher entstanden. Wie hat die Zusammenarbeit funktioniert?
Den Kontakt hat Rowohlt vermittelt. Miriam hat mich dann in der Eifel besucht und direkt gefragt, wo man hier eine Leiche verstecken kann. Wir sind zusammen durch meinen Antiquitätenladen gegangen: Es gibt so viel Platz, da kannst du eine ganze Fußballmannschaft verstecken. Hier sind viele Geschichten passiert, die in das Buch eingeflossen sind.
Haben Sie auch reale Personen verarbeitet?
Ja, der „Bares für Rares“-Experte Detlev Kümmel ist zum Beispiel im Buch der Kunsthändler Anton. Eigentlich wollte Rowohlt, dass ich in dem Krimi als Waldi auftrete. Da hatte ich aber Bedenken: Was, wenn eine Oma den Krimi liest? Die denkt: Was ist denn da oben los – und kommt nie wieder in die Eifel. Deswegen bin ich Siggi Malich: „Mal ich“ – denn ich male ja. Das war mir wichtig, dass diese Figur authentisch ist.
Eigentlich wollte Rowohlt, dass ich in dem Krimi als Waldi auftrete. Da hatte ich aber Bedenken.
Gibt es weitere Parallelen?
Ich habe ja meine Holde im Laden kennengelernt. Im Roman wird das verarbeitet in der Liebesgeschichte mit der Reinigungsfrau Doro.
Wie genau lief der Schreibprozess ab?
Die Autorin Miriam Rademacher wohnt in Osnabrück. Ich habe der meine Ideen immer als Sprachnachrichten auf Whatsapp eingesprochen, und die musste das umschreiben.
Die meisten Menschen kennen Sie aus „Bares für Rares“. Wie sind Sie zu der Sendung gekommen?
Die haben damals einen Händler gesucht, der skurrile Sachen kauft und auch mal Tacheles redet. Ein Kumpel von mir ist Kameramann, der hat den Produzenten von „Bares für Rares“ gesagt: „Da musst du in die Eifel, der Waldi ist total irre.“ Und so bin ich zu diesem Casting gekommen. Horst Lichter kannte ich damals noch gar nicht.
Moment, Sie wussten nicht, wer Horst Lichter ist?
Nee, ich hab gehört, das ist irgendein Chefkoch. Mehr wusste ich nicht.
Hätten Sie gedacht, dass daraus ein festes Engagement wird?
Ich dachte damals, es gibt drei, vier Sendungen und ich war wenigstens mal im Fernsehen. Dass daraus zwölf Jahre geworden sind – das hatten die Produzenten selbst nicht gedacht. Niemand hat mit diesem Erfolg gerechnet.
Du bist als öffentliche Person Freiwild für alle, die nichts auf die Kette kriegen.
Wie hat sich Ihr Leben durch die Teilnahme an der Sendung verändert?
Einerseits ist es schön, wenn du in der Öffentlichkeit stehst. Ich mache viel für einen guten Zweck, da kannst du die Prominenz gut nutzen. Es ist aber auch ein Fluch. Egal, was du machst, du stehst immer unter Beobachtung. Du bist als öffentliche Person Freiwild für alle, die nichts auf die Kette kriegen. Jeder kann bei Facebook über dich schreiben und Kommentare absondern. Ich habe sogar schon eine Morddrohung bekommen.
Sie beginnen fast jedes Gebot mit 80 Euro. Wieso?
Einer der ersten Verkäufer bei „Bares für Rares“ war laut und arrogant – für mich gibt es nichts Schlimmeres. Der hatte eine wertvolle Uhr dabei. Niemand hat das erste Gebot abgegeben, und mir wurde es dann irgendwann zu blöd, und ich hab gesagt: Achtzisch. Daraufhin ist der natürlich völlig ausgeflippt. Hinterher habe ich Horst Lichter kennengelernt. Der hat mich ins Gebet genommen: Wie kannst du bei einer 2000-Euro-Uhr nur 80 Euro bieten?
Die Geschichte hat sich dann verselbständigt.
Erst wurde ich dafür von der Presse zerrissen. Aber mit der Zeit ist darum ein Kult entstanden. Ich habe dann meinen eigenen 80-Euro-Schein rausgebracht und auch Kleidung: T-Shirt, Socken, sogar eine Unterhose. Dann habe ich mir den Markennamen schützen lassen.
Gegen Susanne darf keiner was sagen, da flippe ich direkt aus. Die kann mich nachts anrufen, dann fahr ich dahin.
Sie haben den Namen „80-Euro-Waldi“ geschützt?
Ja. Und es wurde noch besser: Als ich die Urkunde bekommen habe, riet mir ein befreundeter Anwalt, zum Amt zu gehen und mir den Namen in den Ausweis eintragen zu lassen. Das steht jetzt bei mir im Personalausweis und im Reisepass: „80-Euro-Waldi“.
Waldi Lehnertz: „Bares für Rares“-Händler als verschworene Gemeinschaft
Man hat den Eindruck, die Händler seien eine verschworene Gemeinschaft. Ist dem auch noch so, wenn die Kameras aus sind?
Auf jeden Fall. Wir zanken uns oft vor der Kamera. Manchmal werde ich bei einem Objekt überboten, das ich unbedingt haben will. Dann biete ich beim nächsten Mal nur mit, um den anderen zu ärgern. Diese Nickligkeiten sind aber trotzdem lieb gemeint. Die Sendung soll den Leuten ja Spaß machen.
Mit welchen Händlern sind Sie privat befreundet?
Mit der Stammmannschaft: Susanne Steiger, Fabian Kahl, Wolfgang Pauritsch. Später sind dann Julian Schmitz-Avila, Elke Velten-Tönnies und Lisa Nüdling dazugekommen. Vor allem aber mit Susanne. Ich bin so was wie ihr großer Bruder. Gegen Susanne darf keiner was sagen, da flippe ich direkt aus. Die kann mich nachts anrufen, dann fahr ich dahin.
Gehen Sie auch mal privat zusammen ein Bier trinken?
Der Zusammenhalt unter uns Langjährigen ist groß. Denn wir kaufen ja nicht nur Sachen, die wir brauchen. Jeder hat von uns hat schon Dinge gekauft, die er normalerweise gar nicht haben wollte. Aber du kannst ja nicht die Hälfte der Verkäufer wieder nach Hause schicken. Wir hatten zum Glück nie einen Händler, der sich nur die Sahnestückchen rausgesucht hat. Bei uns hat jeder schon mal unnützes Zeug gekauft.
„Bares für Rares“ gibt es jetzt seit zwölf Jahren. Wie lange wollen Sie das noch machen?
Solange der Lichter das macht, bin ich dabei. Wenn der aufhört, bin ich direkt weg. Ohne Horst Lichter ist das nicht mehr „Bares für Rares“. Dann höre ich doch lieber auf der Höhe des Erfolgs auf, bevor irgendein Neuer kommt, der meint, er müsste den Lichter kopieren.
Das Interview entstand April 2024 zur Veröffentlichung von Lehnertz‘ erstem Krimi. Wir haben das Gespräch anlässlich der Publikation seines zweiten Krimis „Mord am Schätztag“ noch einmal aktualisiert.