Die EU will geschlossen auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle reagieren – über ein mögliches Vorgehen gegen US-Digitalkonzerne sind sich die 27 Länder allerdings nicht einig. „Das muss vorbereitet werden“, sagte der geschäftsführende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag beim Treffen der EU-Handelsminister in Luxemburg. Länder wie Irland mahnten hingegen zur Vorsicht. Die Verhandlungen der EU-Kommission mit der US-Regierung führten derweil nicht zu einem Kompromiss.
Über Gegenzölle hinaus könnte die EU theoretisch gegen US-Dienstleistungen und digitale Angebote vorgehen, etwa in dem sie Patente aussetzt, den Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen blockiert oder den Vertrieb bestimmter Produkte verbietet. Solche Schritte gelten als letztes Mittel, sollten die Verhandlungen scheitern.
„Wir dürfen keine Option ausschließen, weder bei Waren noch bei Dienstleistungen“, sagte der französische Handelsminister Laurent Saint Martin in Luxemburg. In der EU seien im Handelsstreit mit Trump „extrem aggressive“ Gegenmaßnahmen möglich.
Irlands Handelsminister Simon Harris warnte, ein Vorgehen gegen die US-Digitalkonzerne wäre „eine außerordentliche Eskalation zu einer Zeit, in der wir auf eine Deeskalation hinarbeiten müssen“. Der Einsatz von Maßnahmen über die Zollpolitik hinaus entspreche „der nuklearen Option“. Irland wäre von einem Handelsstreit um Digitalunternehmen besonders betroffen, weil große Konzerne wie Apple, Google und Meta dort ihren europäischen Sitz haben.
Italien und Spanien sprachen sich für eine gemäßigte Antwort aus. „Wir müssen große Ausgewogenheit und Ernsthaftigkeit an den Tag legen und unkontrollierte Reaktionen vermeiden“, sagte Italiens Wirtschaftsminister Antonio Tajani in Luxemburg. Sein spanischer Kollege Carlos Cuerpo erklärte, die EU müsse in ihrer Antwort auf Trumps Zölle „die Botschaft vermitteln, dass wir keinen Konflikt eskalieren wollen“.
Bundeswirtschaftsminister Habeck rief seine EU-Kollegen zur Einigkeit auf. Er warnte davor, national einzelne Vereinbarungen mit Trump auszuhandeln. „Das geht schief“, mahnte Habeck. Für die Handelspolitik ist in der EU die Kommission zuständig, sie stimmt ihr Vorgehen mit den 27 Mitgliedsländern ab.
Der US-Präsident hatte in der vergangenen Woche neue Zölle für Handelspartner weltweit verhängt. Importe aus der Europäischen Union werden demnach mit Aufschlägen von 20 Prozent belegt, für andere Länder, etwa China, fallen sie teils noch deutlich höher aus. Als „Mindestsatz“ für alle Länder nannte der US-Präsident zehn Prozent.
Als Antwort auf Trumps Ankündigungen arbeiten die Kommission und die EU-Mitgliedsländer bereits an einer Reihe von Gegenmaßnahmen. In einem ersten Schritt sollen Mitte April EU-Zölle aus Trumps erster Amtszeit wieder eingeführt werden, bis Mitte Mai sollen weitere Aufschläge folgen. Damit reagiert die EU zunächst auf Trumps Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte. In den kommenden Wochen könnten die EU weitere Zölle verhängen, bevor Maßnahmen gegen Digitalkonzerne in Frage kommen.
„Alle Instrumente liegen auf dem Tisch“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel. Dazu gehöre auch ein mögliches Vorgehen gegen Digitalkonzerne. „Wir müssen sehen, wie die Verhandlungen verlaufen, um dann zu entscheiden, welches Instrument wir einsetzen“, fügte sie hinzu.
Von der Leyen hatte nach Trumps Ankündigungen betont, es sei „noch nicht zu spät“ für Verhandlungen. Die Gespräche machen derzeit allerdings kaum Fortschritte. Von der Leyen sagte am Donnerstag in Brüssel, Trump sei nicht auf Kompromissangebote der Kommission eingegangen.
Die EU habe der US-Regierung „wiederholt“ angeboten, gegenseitig alle Zölle auf Industriegüter wie Autos abzuschaffen, erklärte die Kommissionspräsidentin. Nach Angaben der Kommission war dies seit Februar Teil der Verhandlungen von EU-Handelskommissar Maros Sefcovic mit der US-Regierung. „Aber es gab keine angemessene Reaktion auf dieses Angebot“, sagte von der Leyen. Sefcovic betonte, er stehe in ständigem Kontakt mit US-Handelsminister Howard Lutnick.
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