US-Präsident Trump zettelt einen Zollkrieg an, die Börsen gehen auf Talfahrt – das geht auch an Union und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen in Berlin nicht spurlos vorbei.
Union und SPD sehen sich angesichts der Turbulenzen in der Weltwirtschaft und an den Börsen unter verschärftem Einigungsdruck bei ihren Koalitionsverhandlungen. „Jetzt müssen alle springen“, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vor Beginn neuer Verhandlungen in Berlin. Die Entwicklung mache umso deutlicher, „dass wir schnell zu Ende kommen müssen“, sagte Saarlands Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD).
In der vergangenen Woche hatte US-Präsident Donald Trump hohe Zölle für Importe aus vielen Staaten angekündigt. Seitdem stürzen weltweit die Börsen ab.
Merz sieht Frage der Wettbewerbsfähigkeit im Zentrum stehen
Die Lage an den internationalen Aktien- und Anleihemärkten sei dramatisch und drohe, sich weiter zuzuspitzen, schrieb der mögliche neue Bundeskanzler Friedrich Merz auf der Plattform X. „Es ist deshalb dringlicher denn je, dass Deutschland so schnell wie möglich seine internationale Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellt. Diese Frage muss jetzt im Zentrum der Koalitionsverhandlungen stehen.“
Nötig seien Steuersenkungen für Unternehmen und Bürger, ein spürbarer Rückbau der lähmenden Bürokratie, die Senkung der Energiepreise und eine Stabilisierung der Kosten für die sozialen Sicherungssysteme, sagte der CDU-Vorsitzende.
Söder mahnt Fortschritte in den Verhandlungen an
Das große Ziel sei es jetzt, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken, sagte auch CSU-Chef Markus Söder vor dem Beginn der Verhandlungsrunde. „Wir sagen auch der Wirtschaft zu, dass sie sich auf eine neue Regierung verlassen kann.“ Deswegen seien Ideen wie Steuererhöhungen völlig ausgeschlossen.
„Wir müssen heute und auch in den nächsten Tagen angesichts der Internationalität auch vorankommen. Aber wir sind uns alle dieser Verantwortung bewusst. Wir werden gute Ergebnisse bekommen.“
Kretschmer fordert Ende der „Spielchen“
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sagte: „Wichtig ist, dass jetzt Verantwortung übernommen wird. Die Spielchen müssen aufhören.“ Die Zeiten seien sehr, sehr ernst. „Das, was jetzt gerade passiert, verlangt nach staatsbürgerlicher Verantwortung.“ Die Menschen hätten ein klares Bewusstsein, ob es wirklich um die Sache wie am Anfang in den Sonderungen gehe oder „ob jetzt wieder dieses parteipolitische Kleinklein anfängt“.
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte, die Turbulenzen in der Weltwirtschaft zeigten, wie dringend Deutschland jetzt eine handlungsfähige Regierung und vor allem Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit brauche. „Das brauchen wir idealerweise bald.“
Dobrindt sieht noch schwere ungelöste Punkte
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, eines sei sehr klar: „Wir brauchen stabile Verhältnisse in Deutschland. Das ist nicht nur für Deutschland, das ist für ganz Europa wichtig.“ Es müsse daher sehr schnell eine Regierung gebildet werden, „die dann als stabilisierender Faktor auf der Welt wirken kann“.
Am vergangenen Samstag habe es in den Verhandlungen „eine hohe Dynamik“ gegeben. „Das heißt nicht, dass bei weitem alles gelöst ist, sondern die schweren Punkte liegen heute noch auf der Tagesordnung.“
Schwesig hält rasche Einigung für möglich
Sie sei froh, dass es jetzt weitergehe, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Manuela Schwesig vor Beginn der Beratungen. „Und ich bin sehr zuversichtlich, dass es auch gelingen könnte, in dieser Woche fertig zu werden.“
Zu Details wollte sich die SPD-Politikerin nicht äußern. „Es sind natürlich noch offene Punkte, aber alle arbeiten intensiv daran, die auch zu klären.“ Am wichtigsten sei, dass alles, was man den Bürgerinnen und Bürgern verspreche, auch finanzierbar sei. Man schaue auch noch, was man für die Wirtschaft tun könne.
Forderung nach Unternehmenssteuerreform auch von SPD-Seite
Die Präsidentin des SPD-Wirtschaftsforums, Ines Zenke, verlangte von der künftigen Bundesregierung eine Unternehmensteuerreform, die die Wirtschaft entlastet. „Wenn wir unsere Unternehmen im Land halten wollen, dann brauchen wir eine Steuerreform“, sagte die Chefin des Vereins SPD-naher Unternehmensvertreter im Deutschlandfunk und setzte damit einen ähnlichen Akzent wie die Union.
Die von der SPD in die Koalitionsverhandlungen eingebrachte Anhebung der Reichensteuer sah sie skeptisch: „Da weiß ich nicht, ob das so richtig ist, dass wir uns da verkämpfen.“
Druck auf Verhandler der Union auch von Parteibasis
Nicht nur von der weltwirtschaftlichen Entwicklung geht Druck auf die Koalitionsverhandlungen aus. Die Unterhändler der Union sehen sich auch Forderungen ihrer Parteibasis ausgesetzt, die Versprechen aus dem Wahlkampf umzusetzen.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, sprach im Sender WDR 5 von einer „ganz klaren Erwartungshaltung“ der Parteibasis: „Wir haben im Wahlkampf für den Politikwechsel gekämpft in wesentlichen Themen. Und dieser Politikwechsel für Deutschland muss natürlich jetzt auch kommen.“ Die SPD müsse der Union bei den Themen Wirtschaft und Migration ein sehr großes Stück entgegenkommen. Es könne keinen Koalitionsvertrag geben, „wo wir den Kanzler haben, aber die SPD die Inhalte bekommt“.