In dieser Woche läuft der Film „Bonhoeffer“ in den deutschen Kinos an. Doch wer war der Theologe, den das NS-Regime noch kurz vor Kriegsende hinrichten ließ?
Dietrich Bonhoeffer sieht die Gefahr kommen, ahnt, dass die von Adolf Hitler angeführten Nationalsozialisten versuchen würden, auch die Kirchen ideologisch zu vereinnahmen. Schon in den 1920er-Jahren hat Hitler in seinem größenwahnsinnigen und antisemitischen Werk „Mein Kampf“ geschrieben: „So glaube ich heute im Sinn des allmächtigen Schöpfers zu handeln, indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.“
Nur wenige Tage nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 hält Bonhoeffer einen Vortrag im Radio: Öffentlich mahnt der junge evangelische Theologe, dass aus einem „Führer“ auch ein „Verführer“ werden könne. Immer wieder erhebt er danach seine Stimme.
Unerschrocken stellt er sich gegen alles, was unrecht ist
Und je mehr das NS-Regime die „Gleichschaltung“ der christlichen Konfessionen mit der eigenen Ideologie betreibt, ihnen etwa untersagt, Christen mit jüdischem Hintergrund weiter eine Heimat in ihren Reihen zu geben, desto mehr engagiert sich Bonhoeffer. Denn, so führt er es in seinem Vortrag „Die Kirche vor der Judenfrage“ im April 1933 in Kirchenkreisen aus, es gibt nur drei Möglichkeiten für die evangelische Kirche, sich gegenüber einem solchen Staat zu verhalten: Erstens, den Staat „nach dem legitim staatlichen Charakter seines Handelns“ zu fragen. Zweitens, den „Opfern des Staatshandelns“ zu dienen, weil die Kirche allen Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet sei. Drittens, „nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“.
In diesen Sätzen offenbart Bonhoeffer seine Überzeugung von einem Leben als allen Menschen verpflichteter Christ, der unerschrocken zu seiner Haltung steht. Als er den Vortrag hält, verlassen einige Zuhörer den Saal. Denn so wie die Bevölkerung ist auch die Kirche längst gespalten. Um 1930 haben nationalsozialistische Gläubige die „Deutschen Christen“ gegründet, im Juli 1933 gewinnen diese die reichsweiten Kirchenwahlen, können daraufhin die wichtigsten kirchlichen Ämter im Deutschen Reich besetzen und führen den „Arierparagrafen“ in der größten Landeskirche ein. Sie folgen damit dem vom NS-Regime am 7. April 1933 erlassenen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, das es „Nichtariern“ verbietet, im öffentlichen Dienst zu arbeiten.
Dietrich Bonhoeffer (gespielt von Jonas Dassler) mit einer Pistole in der Hand, daneben der Untertitel „Pastor. Spy. Assassin“ (Pfarrer. Spion. Attentäter): Mit diesem reißerischen Plakat wurde der Film von der US-Vertriebsfirma Angel Studios zum Kinostart in Amerika im November 2024 beworben
© Crow's Nest Productions – Fontan
Als Gegenreaktion gründet sich im September 1933 der Pfarrernotbund, dem sich bis Anfang 1934 etwa ein Drittel aller evangelischen Geistlichen im Reich anschließen, auch um den Betroffenen beizustehen. Unter anderem aus diesem Bündnis entsteht noch im selben Jahr die „Bekennende Kirche“, die sich als einzig rechtmäßige evangelische Kirche in Deutschland betrachtet, ganz gleich, was die regimenahe Reichskirche verfügt. Der habilitierte Theologe und Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der noch keine 30 Jahre alt ist, aber schon in Barcelona und New York gearbeitet hat und gerade in London eine evangelische Gemeinde betreut, wird eine ihrer wichtigsten Stimmen.
1935 ruft ihn die Bekennende Kirche nach Deutschland zurück. Er soll die Leitung eines von ihr gegründeten Predigerseminars übernehmen. Nicht alle Absolventen haben die Kraft, als Pfarrer dem steigenden Druck des Regimes zu widerstehen, schließen sich nach ihrem Abschluss der Reichskirche an. Aber Bonhoeffer macht weiter. Auch dann noch, als das Predigerseminar zwei Jahre später polizeilich geschlossen wird und die Bekennende Kirche die Ausbildung quasi in den Untergrund verlegt. Mit Kriegsbeginn 1939 wird die Arbeit zunehmend schwerer, viele angehende Pfarrer werden eingezogen, auch Bonhoeffer selbst droht die Einberufung.
Der wahre Bonhoeffer: Besonders wichtig ist dem Theologen die Arbeit mit Kindern und Heranwachsenden. 1932, als dieses Bild mit Jugendlichen entsteht, ist er Studentenpfarrer an der Technischen Hochschule in Berlin. 1935 wird er zum Leiter des Priesterseminars der „Bekennenden Kirche“ ernannt
© ullstein bild Dtl.
Um ihn davor zu bewahren, stellt ihn der Mann seiner Schwester, der im Amt für Spionageabwehr arbeitet, 1940 als V-Mann ein. Tatsächlich aber gehören Bonhoeffers Schwager und Geschwister zu einer Widerstandsgruppe, die den Sturz Hitlers plant und verfolgten Juden zur Flucht verhilft. Offiziell soll Bonhoeffer seine internationalen Kontakte, die er durch seine Arbeit in der Ökumene geknüpft hat, zur militärischen Aufklärung nutzen. In Wahrheit aber versucht er Verbindungen zu westlichen Regierungsstellen aufzubauen, wird zu einem Sprecher der deutschen Opposition im Widerstand.
Alle wissen, dass sie in Gefahr sind
Bonhoeffer gerät wohl wegen angeblicher Wehrkraftzersetzung ins Visier der Geheimen Staatspolizei, die ihn im April 1943 verhaftet. Erst nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 kann man ihm durch Ermittlungen im näheren und entfernteren Kreis der Attentäter eine Verbindung zum Widerstand nachweisen.
An seine Verlobte schickt er Ende 1944 aus der Gestapo-Haft einen Weihnachtsgruß. Darin das Gedicht „Von guten Mächten wunderbar geborgen“, das voller Gottvertrauen ist, wenn es damit schließt: „Von guten Mächten wunderbar geborgen/erwarten wir getrost, was kommen mag./Gott ist bei uns am Abend und am Morgen/und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“
Das NS-Regime verlegt Bonhoeffer mehrfach von einem Gefängnis ins andere. Dieses Bild entsteht im Militärgefängnis Berlin-Tegel. Anfang 1945 wird er in das Konzentrationslager Flossenbürg in der Oberpfalz überstellt und dort am 9. April 1945 hingerichtet. Kurz bevor die Alliierten das Lager befreien können
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Doch Dietrich Bonhoeffer wird nie wieder freikommen. Anfang 1945 wird er in das Konzentrationslager Flossenbürg verlegt. Am 8. April, die Befreiung des Lagers durch alliierte Truppen steht kurz bevor, verurteilt ein Standgericht ihn und andere Widerstandskämpfer zum Tod. Einen Tag später wird das Urteil durch den Strang vollstreckt.