Die Union schlägt die Rheinland-Pfälzerin Julia Klöckner für die Spitze des neuen Bundestags vor. Im protokollarisch zweithöchsten Staatsamt könnten herausfordernde Zeiten auf sie zukommen.

Die CDU-Abgeordnete und frühere Agrarministerin Julia Klöckner soll neue Bundestagspräsidentin werden. Unionsfraktionschef Friedrich Merz schlug die 52-Jährige zur Wahl in der konstituierenden Sitzung des Parlaments am 25. März vor, wie er nach einer Fraktionssitzung mitteilte. Der CDU-Chef warb um Unterstützung für die Rheinland-Pfälzerin, die über „umfangreiche parlamentarische Erfahrung verfüge“. Klöckner kündigte an, sich im Fall ihrer Wahl für eine Modernisierung der Parlamentsarbeit einsetzen zu wollen.

Größte Fraktion im Parlament besetzt den Posten

Die CDU-Politikerin wäre die vierte Frau an der Spitze des Bundestags und im protokollarisch zweithöchsten Staatsamt nach dem Bundespräsidenten – nach Bärbel Bas (SPD/seit 2021), Rita Süssmuth (CDU/1988-1998) und Annemarie Renger (SPD/1972-1976). Traditionell besetzt die größte Fraktion im Parlament diesen Posten, in der kommenden Legislaturperiode also die Union.

Merz sagte, auf die künftige Amtsinhaberin komme zu, Präsidentin des ganzen Bundestags „in seiner ganzen Vielfalt“ zu sein – aber auch, dafür zu sorgen, dass das Parlament in Würde und mit angemessener Streitkultur die Demokratie repräsentiere. „Dieses Haus hier ist das Herz unserer Demokratie, und die Präsidentin wird darauf zu achten haben, dass dieses Herz nicht beschädigt wird.“ CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wies darauf hin, dass der parlamentarische Betrieb neu herausgefordert sei. „Julia Klöckner hat ein ausgeprägtes Gespür für Ausgleich und für Fairness.“ Darum gehe es jetzt.

Rückhalt für Klöckner aus der Unionsfraktion

Die Nominierung wurde in der Unionsfraktion einstimmig unterstützt, wie Merz sagte. Klöckner machte deutlich, dass der Bundestag als Ort des Austausches von Argumenten und von Lösungen auch eine Vorbildfunktion hat. „Wenn nicht wir hier ordentlich mit Respekt miteinander diskutieren und auch streiten, wie soll es denn in der Breite der Gesellschaft geschehen?“ Das Parlament solle sich in seiner Arbeitsweise modernisieren und stärker junge Leute erreichen.

Im neuen Bundestag wird auch angesichts der vergrößerten AfD-Fraktion mit Kontroversen in der Parlamentsarbeit gerechnet. Klöckner machte deutlich, dass sie bereit ist, sich allen Fraktionen als Kandidatin vorzustellen, auch der AfD. Zur Frage, ob die AfD einen Vizepräsidenten-Posten besetzen sollte, sagte sie, jeder Fraktionen stehe es zu, jemanden zu nominieren. Es obliege dann aber jedem Abgeordneten, in einer geheimen Wahl sein Votum abzugeben. 

Erfahrungen in Bundes- und Landespolitik

Klöckner war von 2018 bis 2021 Bundeslandwirtschaftsministerin im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie gehörte zwischen 2012 und 2022 zur Riege der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden und ist aktuell Schatzmeisterin. Im alten Bundestag war sie wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion. 

Im Bundestag saß die gelernte Journalistin zuvor schon einmal von 2002 und 2011 und war zuletzt auch Parlamentarische Agrar-Staatssekretärin. Dann wechselte sie aber in die Landespolitik in ihrer Heimat Rheinland-Pfalz. 

Als Landes- und Fraktionschefin trat sie zweimal als Spitzenkandidatin an – und unterlag einmal nur knapp gegen Amtsinhaber Kurt Beck (SPD) und dann erneut gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Klöckner wurde in Bad Kreuznach geboren und wuchs in einem nahe gelegenen Weingut ihrer Familie auf. Sie wurde 1995 zur Deutschen Weinkönigin gewählt.

Als Ministerin unternahm Klöckner unter anderem einen Anlauf für ein Tierwohl-Logo für Fleisch im Supermarkt, das aber nicht ins Ziel kam. Sie setzte jedoch die Einführung des Nährwert-Logos Nutri-Score auf dem deutschen Markt um und stieß freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft an, die ihr Nachfolger Cem Özdemir (Grüne) fortführte – etwa für weniger Lebensmittelabfälle und für weniger Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten. Ein kurzes Onlinevideo dazu gemeinsam mit einem Nestlé-Manager brachte ihr 2019 viel Kritik ein.