Die Wirtschaftspolitik von Donald Trump wirkt chaotisch. Womöglich folgt sie aber einem riskanten Plan, den der US-Präsident ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen wird.

Zu den wenigen Konstanten in der Welt des Donald Trump gehört seine trotzige Unbekümmertheit. Wofür sich andere Präsidenten – oder auch hiesige Kanzler – viel zu schade wären, ist Trump nicht nur völlig egal, es bereitet ihm sogar sichtlich Freude. Die Parade der neuesten Tesla-Modelle im Garten des Weißen Hauses in dieser Woche war ein solcher Fall. Trump inspizierte die Wagen mit den staunenden Augen eines Kindes („Alles Computer, wow“), während der reichste Mann der Welt, Tesla-Boss Elon Musk, ihm die Tür aufhielt und daneben zufrieden grinste wie ein eilfertiger Gebrauchtwagenhändler. So eine Show gibt es nur mit Trump. 

Dieser Mut zur Groteske entspringt einem Selbstbewusstsein, das durch nichts, aber auch gar nichts zu erschüttern ist. Spätestens seit den beiden Attentaten auf ihn im Wahlkampf glaubt wahrscheinlich auch Trump selbst (und nicht nur ein Gutteil seiner Anhänger), er sei ein Gesandter des Himmels zur Rettung der USA, den nur der liebe Gott persönlich noch mal in die Schranken weisen kann. Bis es aber dazu kommt, pumpen die Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments sowie eine Mehrheit der Richter am höchsten amerikanischen Gericht sein Selbstbewusstsein zusätzlich auf. 

Heraus kommt eine Politik, die mehr an Improvisationstheater erinnert als an ein planvolles Vorgehen – ihm kann ja eh keiner was. Montags Zölle aussetzen, dienstags neue Zölle einführen, mittwochs Zölle wieder aussetzen, donnerstags neue Zölle, freitags wieder aussetzen, so fasste ein Finanzkommentator Trumps Arbeitswoche auf dem Kurznachrichtendienst X treffend zusammen. Und am Wochenende: Golfen. 

Donald Trump bringt die US-Börsen zum Straucheln

Was lustig klingt, hat ziemlich ernste Folgen: Das Vertrauen der amerikanischen Konsumenten ist auf dem niedrigsten Wert seit Ende 2023, seit Mitte Januar ist der Wert um zehn Prozentpunkte gefallen. In den US-Medien mehren sich die Berichte über amerikanische Unternehmen, die geplante Investitionen zurückstellen, weil sie nicht mehr sicher wissen, welche Regeln morgen und übermorgen gelten. Prominente Ökonomen und Wall-Street-Legenden wie Mohamed El-Erian warnen offen vor den Gefahren einer US-Rezession. Am Arbeitsmarkt hat sich der monatliche Zuwachs neuer Jobs deutlich verlangsamt, die Zahl geplanter Jobstreichungen schnellte im Februar – auch wegen der Entlassungen in Bundesbehörden – um fast 250 Prozent nach oben. 

Trump glaubt, dass er sich das erlauben kann. Doch die heimische Wirtschaft und ihre klassischen Erfolgsindikatoren sind wahrscheinlich die letzte Bastion, die er nicht komplett im Griff hat. Die nationalen Inflationsdaten kann er zur Not womöglich noch frisieren, die Finanzmärkte jedoch nicht – sie sind unbestechlich, lassen sich nicht einschüchtern und orientieren sich allein an den Absatz- und Gewinnaussichten der US-Unternehmen. Und da zeigte sich diese Woche Bemerkenswertes: Der Leitindex S&P 500 hat seit Trumps Amtsantritt gut zehn Prozent an Wert verloren, allein in dieser Woche kamen noch mal mehr als drei Prozent Minus dazu. Im Tech-Index Nasdaq 100 summiert sich der Einbruch seit Mitte Januar sogar auf zwölf Prozent. Besonders eindrucksvoll spiegeln Konsumaktien den Stimmungsumschwung wider: Der Handelsriese Walmart liegt seit Mitte Februar gut 22 Prozent im Minus, Konkurrent Costco gut 19 Prozent. Zwei Drittel der US-Wirtschaft hängen am Binnenkonsum.

Nun liegt die Vermutung nah, dass Trump schnell umschwenken dürfte, wenn er sieht, dass seine Politik US-Unternehmen schadet, seine eigene Wählerklientel verunsichert und die Kurse an den US-Börsen in den Boden drückt. Doch es gibt auch Anzeichen dafür, dass der Eindruck von Chaos und Planlosigkeit selbst eine Finte ist. Dafür spricht zumindest ein Papier, das von einem Mann stammt, den Trump gerade erst zum Chef seines wirtschaftspolitischen Beraterstabs gemacht hat: Stephen Miran. Unter dem Claim „Mar-a-Lago Accord“ werden Mirans Thesen schon seit einigen Monaten an den Finanzmärkten diskutiert, erst in den USA und nun auch bei uns. 

In aller Kürze sieht Mirans Plan vor, dass die USA ihre ausländischen Gläubiger, allen voran Japan, China und Europa, zu einer Umschuldung der US-Staatsschulden zwingen, um so den Wert des Dollar zu schwächen und US-Industrieunternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Vorbild wäre das sogenannte Plaza-Abkommen von 1985, in dem sich die USA und ihre wichtigsten Handelspartner und Verbündeten darauf einigten, den Dollar gezielt abzuwerten, um die US-Wirtschaft anzukurbeln. 

Wir sollten gewarnt sein

Was an dem ominösen Papier dran ist, ob Trump es ernsthaft verfolgt, weiß heute niemand mit Sicherheit zu sagen. Aber es ist in der Welt, die Leute reden darüber, sogar US-Finanzminister Scott Bessent hat schon mehrfach seine Sympathie für solche Ideen bekundet. Und Trump selbst wirkt angesichts der Unruhe an den Märkten auffällig gelassen. Danach befragt, ob er eine Rezession in den USA ausschließen könne, antwortete er lediglich, er hasse solche Prognosen – was die Märkte gleich noch mehr unter Druck setzte. Gut möglich also, dass Trump doch kein Problem mit sinkenden Kursen und einem kurzfristigen Absturz der US-Wirtschaft hat.

Wir sollten uns jedenfalls an den Gedanken gewöhnen, dass das, was sich gerade in den USA abspielt und auf uns chaotisch oder größenwahnsinnig wirkt, doch einem größeren Plan folgen könnte. Wer die erste Debatte zur eilig anberaumten Grundgesetzänderung an diesem Donnerstag im Bundestag verfolgt hat, konnte den Eindruck gewinnen, dass dieser Gedanke noch nicht bei allen Beteiligten angekommen war. 

Immerhin: Union und SPD haben die Forderung der Grünen akzeptiert, dass ein größerer Teil des geplanten Sondervermögens in den Klimaschutz fließen soll. Vor allem aber soll das Geld zusätzlich kommen und darf nicht laufende oder neue Ausgaben im regulären Haushalt abpuffern. Besonders dieser Zusatz ist wichtig, denn er schränkt die sonstigen Ausgabenspielräume ein. Es wäre jedenfalls kein Schaden, wenn nun Union und SPD noch mal über Mütterrente und die anderen erstaunlichen Wohltaten in ihrem Sondierungspapier aus der vergangenen Woche verhandeln müssten. Abseits von höheren Ausgaben für die Bundeswehr und die Verteidigungsfähigkeit Europas sowie für Investitionen in Infrastruktur und Bildung zur Stärkung der Wirtschaft muss sich die kommende Koalition nämlich nicht viel vornehmen – angesichts der Entwicklungen in den USA wird sie mit dieser Aufgabe voll ausgelastet sein.