Weit mehr als eineinhalb Jahre sind seit dem Handgranatenanschlag auf dem Altbacher Friedhof vergangen. Und nach wie vor setzt die Polizei mutmaßliche Beteiligte unter Druck.

Mehr als eineinhalb Jahre nach dem Handgranaten-Anschlag auf eine Trauerfeier in Altbach (Kreis Esslingen) haben die Ermittler den Kreis der Verdächtigen deutlich vergrößert. In den vergangenen Tagen seien zudem zahlreiche Gebäude oder Wohnungen von Menschen durchsucht worden, die den Granatenwerfer und Sanitäter angegriffen oder die Tat zumindest unterstützt haben sollen, teilte das Landeskriminalamt in Stuttgart mit.

Die blutige Fehde von zwei gewaltbereiten, multiethnischen Gruppen – eine aus Esslingen und Ludwigsburg, die andere aus Göppingen und Stuttgart-Zuffenhausen – erschüttert die Region Stuttgart seit Mitte 2022. Immer wieder fielen Schüsse. 

Höhepunkt der Auseinandersetzungen war bislang der Anschlag mit einer Handgranate auf eine Trauergemeinde in Altbach (Kreis Esslingen) im Juni 2023. Eine Gruppe von bis zu 15 Menschen hatte den flüchtenden Granaten-Werfer nach dem Anschlag gefasst und wie im Rausch verprügelt. Auch mehrere Sanitäter wurden damals bedroht. Mehrere junge Männer und der Granatenwerfer sind bereits verurteilt worden. 

Zahlreiche Wohnungen durchsucht 

Nach Angaben der Ermittler wurden seit Dienstag insgesamt 19 Wohnungen von Verdächtigen durchsucht, die den beiden Gruppierungen zugeordnet werden. Ihnen werde Beihilfe zum versuchten Totschlag vorgeworfen. Bei den Aktionen wurden unter anderem mehrere Schreckschuss- und Softairwaffen mit Munition, neun Messer, Hiebwaffen, und über 50 Computer sowie mutmaßliche Tatkleidung sichergestellt.

Insgesamt seien inzwischen mehr als 60 Beschuldigte ermittelt worden, viele von ihnen durch Spezialistinnen und Spezialisten für die Wiedererkennung von Gesichtern, sogenannte Super Recognizer. Die Verdächtigen hätten „entweder unmittelbar Gewalt gegen den Handgranatenwerfer ausgeübt oder Beihilfe durch Anfeuern oder Aufwiegeln geleistet“, wie es hieß. Zwölf von ihnen seien bereits verurteilt worden. 

Gruppen sind keine Familienclans

Nach früheren Angaben des Landeskriminalamts handelt es sich bei den verfeindeten Gruppen nicht um familiäre Clans oder um klassische Bandenkriminalität, sondern um ein neues Phänomen. Demnach eskaliert die Gewalt zumeist nach wechselseitigen „Ehrverletzungen“, es geht um territoriale Machtansprüche und das Motto „Crime as a Lifestyle“ („Verbrechen als Lebensstil“), mit dem sich viele laut LKA stark identifizieren.