Weil er seinen schreienden Sohn nicht beruhigen kann, schüttelt der Vater das Kind. So heftig, dass der Kleine ins Krankenhaus muss, in dem er kurz darauf stirbt. Ins Gefängnis muss der Mann nicht.

Vor dem inneren Auge des 30-jährigen Vaters scheint die Nacht zum 11. Januar 2024 noch einmal abzulaufen. Der Richter beschreibt das folgenschwere Geschehen, das schließlich zum Tod des gerade elf Wochen alten Sohnes führt. Fortwährendes Kopfnicken bestätigt die Schilderungen. Mit dem Daumen wischt sich der Mann Tränen aus den Augenwinkeln. „Die Sache wird sie für immer beschäftigen“, ist sich der Vorsitzende Richter bei der Urteilsbegründung am Landgericht in Neubrandenburg sicher.

Wegen Körperverletzung mit Todesfolge verhängen die Richter nach nur wenigen Verhandlungstagen eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren gegen den Mann. Der Säugling war Mitte Januar 2024 ins Krankenhaus eingeliefert worden. Kurz darauf war er an schweren Hirnverletzungen gestorben. Nach Angaben des Gerichts war die Ursache dafür zu heftiges Schütteln. 

Der Mann, der nach Angaben der Verteidigung auch nach der Trennung von der Mutter weiter in die Betreuung der gemeinsamen Kinder eingebunden war, habe sich in der besagten Nacht um den kleinen Jungen gekümmert. Das Kind, das, wie sich im Nachhinein herausstellte, an einer Corona-Infektion litt, habe sich nicht beruhigen lassen. Deshalb habe er das Kind mehrfach heftig geschüttelt, um es auf diese Weise zur Ruhe zu bringen. Früheren Angaben zufolge hatte die Mutter in einem anderen Raum mit weiteren Kindern geschlafen.

Gericht stuft Tat als minderschweren Fall ein 

Nach Ansicht der Richter hätte sich der Vater über mögliche gesundheitliche Folgen seines Tuns bei einem so kleinen Kind ohne ausgeprägte Halsmuskulatur im Klaren sein müssen. „Zumindest ist es im Mitbewusstsein des Angeklagten gewesen“, sagte der Vorsitzende Richter. Das Gericht sah den Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge aus der Anklage als bestätigt an, stufte den Fall aber als minderschwer ein. 

Zugunsten des Angeklagten werteten die Richter das „von Reue getragene Geständnis“ des Mannes, dass er nicht vorbestraft sei und dessen Bestreben, einen engen Kontakt zu den Kindern aufrechtzuerhalten. „Sie haben Finn geliebt und gemocht und auch ansonsten gut für ihn gesorgt“, stellte der Vorsitzende Richter fest. Zudem verwies er auf Anzeichen einer autistischen Störung bei dem Mann. Deshalb gehöre zu den Bewährungsauflagen, dass er sich einer ausführlichen Diagnose unterziehe und gegebenenfalls einer Therapie. Die mögliche Erkrankung war Grund für das Gericht, die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu führen. 

Der Mann war unmittelbar nach dem Tod des Säuglings in Untersuchungshaft genommen worden, kurz darauf unter Auflagen aber wieder freigelassen worden. Mit dem Strafmaß entsprach das Gericht der Forderung der Verteidigung, die auf eine Bewährungsstrafe plädiert hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und acht Monaten beantragt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Anklagevertreter ließ offen, ober er Widerspruch einlegen wird. Eine Revision werde geprüft.