Es sind schwere Zeiten gerade. Vielleicht genau die Zeit für trashigen Club-Pop, vielleicht genau die Zeit für Pitbull. Sein Konzert in Köln gibt darauf eine klare Antwort.
Jetzt ist das ja immer altersabhängig, aber eins ist klar, wenig kickt mehr als die Vergangenheit. Probieren Sie es gerne aus, liebe Leserinnen und Leser, wenn sie zwischen 25 und 35 Jahre alt sind: I know you want me, you know I want you. Uno, Dos, Tres, Quattro und so weiter. Na, klingelt was? Richtig. Pitbull. Der Hitmaker der 2010er Jahre. Jetzt stellen Sie sich diesen Song bitte in einer großen Halle vor. Mit 20.000 Menschen. Fast alle tragen Plastikglatzen-Mützen, Sonnenbrillen, weiße Hemden und schwarze Krawatten. Uno, dos, tres, quattro. So geschehen Dienstagabend in der Lanxess Arena in Köln, auf der Party After Dark Tour. Über sein Konzert in London vor zwei Tagen schrieb der Rolling Stone UK: Pitbull’s London show feels like the only cult I’d ever want to join.
Pitbull, bürgerlich Armando Christian Pérez, feiert gerade ein Comeback. Millionenfach werden TikToks mit seinen Songs unterlegt. Menschen, die auf seine Konzerte gehen, verkleiden sich als Pitbull und posten Videos. Seine Instagram-Bio: Mr. Worldwide. Musician. Entertainer. Education Ambassador. Entrepreneur. Er hat 25 Millionen Studioalben verkauft, seine Songs sammelten über 6 Milliarden Streams. Sein Album Pitbull Starring in Rebelution aus 2009, mit Hits wie „I Know You Want Me (Calle Ocho)“, „Hotel Room Service“ und „Krazy“, sorgte für den internationalen Durchbruch. Das Konzert in der Kölner Lanxess-Arena war schnell ausverkauft, Tickets kosteten um die 150 Euro.
Auf Tiktok schreiben die Menschen: Pitbull ist ein Philosoph. Pitbull ist der helle Stern in dunklen Zeiten. Eine Krankenschwester erzählt in einem Video davon, wie sie nach einer harten Schicht im Auto Pitbull hört: This for everybody going through tough times/Believe me, been there, done that/But every day above ground is a great day/remember that. „Times Of Our Lives“, einer seiner größten Hits. Moderne Internetphilosophie, Wandtattoos zum Mitsingen, in eskapistischen Zeiten. Hundert Mal im Club gehört, tausendmal auf Tiktok gesehen, sein signature Ruf: Dale. Zwischen und in jedem Song. Zu deutsch: Auf geht’s!
Pitbull feiert Party in Köln
So geht es auch in der Lanxess-Arena los. Als Intro läuft Enter Sandman von Metallica, nicht von Pitbull, egal, Hauptsache Party. Dann direkt einer der größten Hits, Don’t Stop the Party. Die 20.000 Plastikglatzen springen. Ein Mann und eine Frau haben sich Strumpfhosen über den Kopf gezogen, sie sagen, sie hätten überall gesucht, die Plastikglatzen waren ausverkauft. Jetzt trinken sie Bier, tanzen und knutschen rum. Pitbull steht in der Mitte der Bühne. Schaut, grinst, haut sich die Faust auf die Brust. Dale!
Dass er 2025 einmal die größte Konzertarena Deutschlands füllen würde, war bei Pitbull nicht unbedingt zu erwarten. Der Sohn kubanischer Einwanderer wuchs in Miami auf. Er lernte Englisch mit der Sesamstraße. 2001 dann der erste Plattenvertrag. Features machten ihn berühmt. Lieder mit Kesha, Jennifer Lopez, Ne-Yo, Dolly Parton, Usher und Afrojack. Kaum jemand steht so für den Plastik-Baller-Pop der 2010er wie Pitbull.
Zwischen den Songs verbreitet er Hoffnung
Jetzt, kurz Pause, Pitbull erzählt von einer seiner Lehrerin zu Schulzeiten. Sie hieß Miss Hope. Er sei von mindestens 20 Schulen geflogen und dann hätte jemand an ihn geglaubt, eben jene Miss Hope. Das habe ihn verändert. Deshalb baut Pitbull heute eine Schule in Miami. Für Menschen, an die niemand glaubt. Alle Schülerinnen und Schüler würden da ihren Abschluss schaffen, niemand falle durch. Weil an sie geglaubt wird. Und dann geht Pitbull auf ein Gerücht ein, was seit Wochen auf Tiktok kursiert: Er, Pitbull, habe mindestens 20 Kinder von 13 Frauen. Das sei völliger Quatsch. Er habe 10.000 Kinder. Alle, die auf seiner Schule waren, seien seine Kinder. Ob das jetzt stimmt oder nicht, geschenkt. Dale!
Insgesamt spielt Pitbull nur Hits, Hits, Hits. „On the Floor“, „DJ got Us Fallin in Love“ und „Timber“. Mit Jennifer Lopez, Usher und Kesha. Natürlich sind die nicht persönlich in Köln, aber wen interessiert das schon. Ein Konzert von Pitbull heißt zurück in den Club der 2010er Jahre, mit Wodka Bull und Hemd von Jack ’n‘ Jones, mit kleinem Kleidchen von Pimkie. Es riecht nach Paco Rabanne und Prada Candy. In der Rückschau wirkt alles süß.
Die Macht von Liebe und Party
Nun hält Pitbull noch eine Rede. I want to teach you about the most powerful thing in the world. It’s love. Dann hält er inne. Zieht sich sein Jackett zurecht. You make money. Money don’t make you. Stimmt, hat er Recht. Every day above ground is a great day. Ja, voll. So müsste man mal durchs Leben gehen. I’m official un-fuck-with-able. So are you! Let’s go, danke Pitbull. Bald caps, be like me. I wake up and think I have the time of my life. Dann, sein größter Hit, Time Of Our Lives.
Der Hype ist sowas von real. Pitbull sagt: It’s cold and dark in Germany, let’s bring some heat in here. Es sind schwere Zeiten gerade. Vielleicht genau die Zeit für trashigen Club-Pop, vielleicht genau die Zeit für Pitbull. Eigentlich sollte der Auftritt in Köln das einzige Deutschland-Konzert von Pitbull bleiben. Aber am Vormittag vor der Show dann die Ankündigung: Weitere Shows im Juni in Frankfurt, Hamburg und Berlin. Wäre ja auch blöd, wenn nicht. Dale!